Wir wollen Szenarien entwickeln, von denen alle am Markt profitieren – TAI

Als Komplettanbieter für Tourismusregionen muss die HRS-Tochter eng mit Mitbewerbern vom Schlage einer Feratel zusammenarbeiten – ein spannender Spagat

In den zurückliegenden Wochen kommunizierte HRS Destination Solutions – sie bildet das gemeinsame Dach der HRS Akquisitionen Tiscover, HolidayInsider und wild-east marketing -Meldungen über die erfolgreiche Entwicklung seit dem Start auf der diesjährigen ITB (siehe u.a. Bericht „Erste 100 Tage ,A11 in One‘ – HRS zieht positive Zwischenbilanz“ in der T.A.I. vom 19.]uni). Doch wie sieht es mit der Konkurrenz-Situation zu Feratel aus, wie mit der angesichts der HRS-Nähe – heiklen Datenhoheit? Und welche Rolle spielt Tiscover? Grund genug für T.A.I., Bastian Bauwens (Vice President HRS Destination Solutions) und Ronald Felder (Director Digital Services bei HRS Destination Solutions und Geschäftsführer von Tiscover) zu einem Interview zu bitten.

 

T.A.I.: Sie bezeichnen die HRS Destination Solutions als „Komplettanhieter für Tourismusregionen“. Welcher Part
kommt dabei Holidaylnsider zu, welcher wild-east und welcher Tiscover?

Bauwens: „Jede dieser Firmen bringt eine entsprechende Expertise ein. Konkret bietet wild-east ein Buchungssystem an, Holidaylnsider verfügt über Schnittstellen zu vielen Destinationen und Vertriebsplattformen (Anm.d.Red: auch das neue Fewo-Portal HRS Holidays bedient sich dieser Plattform) und Tiscover bringt ein großes Portfolio an eigenen Unterkünften plus Know-How im Webdesign und Onlinemarketing mit ein.“

 

Felder: „Der Wertbeitrag von Tiscover liegt vor allem im Onlinemarketing und auf Websolutions für Destinationen und UTOs, im Front-End sowie Back-End. Wir arbeiten hier mit 150 bis 160 Destinationen in der DACH-Region zusammen. Im Bereich Buchungslösung für Destinationen führen wir die Vorteile von wildeast und Tiscover zusammen. Damit können wir Regionen ganz anders ansprechen als bisher. Wir können jetzt die komplette Wertschöpfungskette in der digitalen Welt darstellen.“

T.A.I.: Bei Holidaylnsider wurden rund um die Übernahme durch HRS Zahlen genannt, wie 400 Tourismus-Büros sowie über 200.000 Ferienwohnungen und Häuser, bei wild-east mehr als 100.000 Unterkunftsangebote, vom Privatzinnner bis zur Hotelsuite. Gibt es für Tiscover vergleichbare Kennzahlen und wie hoch sind die User-Zahlen von HRS Destination Solutions insgesamt?“

 

Bauweins„Da wir mit vielen verschiedenen Partnern arbeiten, lassen sich die gesamten User-Zahlen nur schwer ermitteln. Bezogen auf die HRS Group wissen wir, dass die Portale jeden Monat rund 20 Millionen Visits  verzeichnen, wild-east beispielsweise ist aber reiner Content-Lieferant – wieviele User die einzelnen daran angeschlossenen Partner haben, können wir nicht genau beziffern.“

T.A.I.: Holidaylnsider war zum Zeitpunkt der Übernahme durch HRS ein wichtiger Partner von Feratel. Jetzt ist Holidaylnsider Teil der HRS Destination Solutions, zu denen auch Tiscover gehört, ein Mitbewerber von Feratels Deskline. Wie hat sich die Zusammenarbeit zwischen Holidaylnsider und Feratel seit der Übernahme entwickelt? Wurde sie durch den Deal belastet?

Bauwens: „Nein, überhaupt nicht. Wir haben sogar einen eigenen Mitarbeiter als Ansprechpartner für Feratel, genauso wie wie Partnership-Manager für andere Destination Management Systeme wie TOMAS etc. haben. Feratel ist ein wichtiger Partner und weit verbreitet. Unsere Ankündigung auf der ITB, dass wir wild-east gekauft haben, hat sicher für Überraschung gesorgt. Doch die gute Zusammenarbeit hat sich nicht verändert. Wir hatten z.B. zur ITB mehr als 150 Feratel-Schnittstellen, seither sind knapp 10 weitere angeschlossen worden. Wir suchen den partnerschaftlichen Ansatz. Wir wollen Szenarien entwickeln, von denen alle profitieren.“

 

T.A.I.: Wie sieht das konkret aus ?

Bauweins: „Unser Angebot ist modular gestaltet. Das bedeutet, dass der Kunde entscheiden kann, welche Services er in welchem Umfang nutzt. Er entscheidet sich, welches Buchungssystem er nutzen möchte und auf welchen Plattformen sein Angebot erscheinen soll. So können auch Feratel-Regionen unser Vertriebsnetz nutzen, auch wenn sie nicht auf unser Buchungssystem wechseln. Das bringt für alle Beteiligten Vorteile. So hat sich im Juni das Buchungs-Volumen der Feratel-Partner über unsere Plattform HRS Holidays und diverse Whitelabels verdreifacht. Alle Zahlen zeigen deutlich, dass die Partnerschaft mit Feratel aus unserer Sicht noch besser geworden ist.“

 

T.A.I.: Laut einer von der Prodinger|GFB durchgeführten österreichweiten neutralen Evaluierung von Destinations-Management-Systems (DMS) gilt Feratel Deskline als Marktführer, eine Position die einst Tiscover innehatte. Weshalb hat Tiscover diese Nummer 1 Position verloren? Gibt es Pläne, um die Position von Tiscover wieder zu stärken?

Bauweins: „Da ich erst seit zwei Jahren mit dabei bin, möchte ich die Gründe für die vergangene Entwicklung nicht kommentieren und schaue lieber nach vorne. Tiscover ist der Alpen-Experte, wir wollen hier unsere Position ausbauen und das zeigt sich auch ganz klar an unserer Strategie, die Systeme von wild-east und Tiscover weiterzuentwickeln. URS Destination Solutions macht Wege auf, die wir vorher nicht hatten, auch im Mobil-Bereich.“‚

Bauweins: „Wir werden bei Tiscover und bei der wild-east Buchungslösung ,im Web‘ die Vorteile beider Systeme aufrollenund das Beste aus beiden Welten zu den Kunden bringen. Für Tiscover öffnen sich durch die Integration auch neue Absatzchancen in Deutschland.“

T.A.I.: Prodinger|GFB gab in der erwähnten Studie die Empfehlung ab, dass Buchungslösungen, wie sie von Feratel, TOMAS und CapCorn angeboten werden, „ganz klar zu bevorzugen sind, da die Datenhoheit in der Destination bleibt“ (Zitat: „Destinationssysteme über Reiseplattformen/OTAs abzuwickeln, fördert deren marktbeherrschende Stellung und schadet der Hotellerie enorm“). Wie stehen Sie dazu?

Bauwens: „Auch beim Buchungssystem von HRS Destination Solutions liegt die Datenhoheit ganz klar bei der Destination. Sie kann entscheiden, in welchen Kanälen ihr Angebot erscheinen soll, welche Preise im Markt stehen und welche Fotos.“

Felder: „Die Datenhoheit liegt selbstverständlich bei den Destinationen und Betrieben. Das ist eine klare Ansage.“

T.A.I.: Wichtige Funktionen eines DMS in Zukunft sind laut Prodinger|GFB – neben der Kernaufgabe als Buchungssystem – das „Channel Management“, aber auch der Verkauf von Zusatzleistungen, wie Tickets für Konzerte und Events. Ebenso müssen Destinationslösungen die Gäste während der gesamten Customer Journey begleiten und passende Angebote offerieren. Was bietet HRS Destination Solutions diesbezüglich?

Bauwens: „Das Channel Management ist der absolute Kern unseres Systems! Es ist ganz wesentlich, in möglichst vielen Kanälen aufzuscheinen und diese auszusteuern. Auch ist es für Destinationen möglich, Pauschalen zu erstellen oder Tickets einzeln zu verkaufen – ob der dann angeschlossene Vertriebspartner dies dann auch anbietet, hängt von dem jeweiligen Portal ab.“

Felder: „Wir sind in der Lage, Destinationen gezielt zu unterstützen. Die Frage lautet: ist die Seite der Destination so aufgebaut, dass der Kunde auch bucht.“

T.A.I.: Stichwort Conversionrate. Wie sieht es diesbezüglich bei HRS Destination Solutions aus?

Bauwens: „Wir liegen mit der eigenen Plattform HRS Holidays im Vergleich zu anderen sicherlich vorne und wir investieren laufend, um uns weiter zu verbessern. Wir wissen, welche Faktoren sich auf die Conversionrate auswirken, und stimmen unsere Produkte entlang der gesamten Wertschöpfungskette darauf ab.“

Felder: „Tiscover hat schon in der Vergangenheit gezeigt, dass wir es gut können und uns laufend verbessern.“

T.A.I.: Wo sehen sie HRS Destination Solutions im Jahr 2020?

Bauwens: „Wir wollen vom Ansatz her nichts ändern. Wir gehen es partnerschaftlich an und wollen mit anderen Anbietern zusammenarbeiten – nur so kann man heute erfolgreich sein. Wir wollen uns als einer der führenden Spieler im Tourismus positionieren. Ziel ist es, mit Innovationen neue Möglichkeiten zu schaffen, um neue Gäste zu bringen. Und wir wollen dem Tourismus helfen, erfolgreich den nächsten Schritt in der Online-Vermarktung zu setzen.“

 

HRS (in Stichworten)

HRS (Hotel Reservation Service) wurde im Jahr 1972 von der Familie Ragge als Zimmervermittlung für Messezeiten in Köln gegründet. Daraus entwicl«elte sich ein Hotel-Reservierungssystem, das bereits Mitte der 1990er Jahre die erste Website startete und sich seither zum weltweiten Hotelbuchungsportal (32 Sprachen) für Geschäfts- (mehr als 40.000 Firmenkunden) und Privatreisende entwickelt hat (über 290.000 Hotels in 190 Ländern; rund fünf Millionen Bewertungen und 80 Millionen Nutzer pro Jahr). Die HRS GROUP beschäftigt rund 1.300 Mitarbeiterinnen weltweit.2008 wurde Tiscover gekauft, im Herbst 2014 Holidaylnsider und heuer zu Jahresbeginn die wild-east marketing, die Anfang März unter dem gemeinsamen Dach der HRS Destination Solutions zusammengefasst wurden. Der „Komplettanbieter für Tourismusregionen“ beschäftigt 120 Mitarbeiterinnen an sieben Standorten (Rügen, Innsbruck, München, Freiburg, Wien, Hagenberg und Köln).

 

 

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