Regierungsprogramm 2020: Positive Nachrichten für den Tourismus

Der Tourismus wird im mehr als 300 Seiten starken Programm der türkis-grünen Bundesregierung auf sieben Seiten behandelt. Die auf diesen Seiten angeführten Punkte werden sehr abstrakt beschrieben und müssen noch konkretisiert werden. Frau Ministerin Elisabeth Köstinger ist auch in der neuen Koalition für die Interessen der Branche zuständig und kennt bereits die Probleme.

Die Erwartungen sind jedenfalls groß. Die Bundesregierung bekennt sich in ihrem Papier „Aus Verantwortung für Österreich“ grundsätzlich dazu, im Zuge einer geplanten Steuerstrukturreform Mitarbeiter spürbar zu entlasten und das Steuersystem zu vereinfachen.

Ausdrückliches Ziel der neuen Regierung ist der Erhalt unserer kleinteiligen und häufig familiengeführten Tourismusbranche sowie die besondere Unterstützung von kleineren und mittleren Unternehmen, um die Wertschöpfung im Ort zu stärken. Dafür braucht es Entlastungen für unsere Betriebe.

Der Plan T bleibt, wie auch für die Vorgängerregierung, die Grundlage der Tourismuspolitik für die nächsten Jahre. Dies bedeutet, Wachstum nicht mehr ausschließlich an Nächtigungszuwächsen zu messen. Die Messung mittels Tourismus-Satellitenkonten wird für jedes Bundesland zur Pflicht, und das nach den Standards von WIFO und Statistik Austria.

Bemerkenswert ist auch, dass Schulsportwochen künftig leichter umgesetzt werden können. Dies könnte eine neue Belebung der Skischulwochen bedeuten.

Auf die Budgetsituation – Stichwort „Budgeterhöhung“ der ÖW – wird allerdings nicht eingegangen. Weiterhin soll es Sonderbudgets geben, vorrangig für nachhaltigen Tourismus im Sinne von Klima- und Umweltschutz sowie zur Digitalisierung. Es soll auch zu einer Neugestaltung der Richtlinien der Österreichischen Hotel- und Tourismusbank (ÖHT) kommen, die ab 2021 in Kraft treten sollen. In der Folge wird die gewerbliche Tourismusförderung mit Fokus auf Familienbetriebe neu ausgerichtet. Es kommt zu einer Zusammenführung der Haftungsrahmen für Tourismusbetriebe auf 575 Mio. Euro sowie zur Schaffung eines mit 50 Mio. Euro dotierten Eigenkapitalfonds. Kapazitätserweiterungen werden weiterhin nur in besonders entwicklungsschwachen Regionen ermöglicht. Finanzielle Unterstützung wird es für umweltzertifizierte Hotels geben, ebenso wie für besonders durch den Klimawandel bedrohte Regionen. Hier soll es in Richtung ganzjähriger Tourismuskonzepte gehen. Auch sollen Maßnahmen zur Vermeidung von Flächenverbrauch durch die Tourismuswirtschaft initiiert werden.

Im Fokus der Regierungsvorhaben liegen auch die Online-Buchungsplattformen. Diese dürfen in Zukunft nur noch Unterkünfte anbieten, die beim Finanzministerium registriert sind.

Bei der Abschreibung dürfte es zu einer Sonderregelung für den Tourismus kommen. Die Abschreibungszeiträume werden im Zuge der Steuerstrukturreform überprüft und an die tatsächlichen Nutzungsdauern anpasst. Bisher liegt der Abschreibungszeitraum für Gebäude bei 40 Jahren. Und keinem Gast ist etwa ein 40 Jahre altes Bad zuzumuten. Dies dürfte bald ein Ende haben.

Bei anderen Unternehmungen sollte die steuerliche Abschreibung von abnutzbaren Anlagegütern an das Unternehmensgesetzbuch im betrieblichen Bereich angeglichen werden. Es kommt zu einer Erhöhung der Freigrenze für geringwertige Wirtschaftsgüter (GWG) auf 1.000 Euro, mit dem Ziel einer weiteren Erhöhung auf 1.500 Euro für GWG mit besonderer Energieeffizienz.

Weiters soll bei Betriebsübergaben eine zweijährige „grace period“ eingeführt werden, in der es nur zu den nötigsten betrieblichen Kontrollen kommt. Dem Regierungsübereinkommen blieben auch unnötige Substanzbesteuerungen fern, wie zum Beispiel Erbschafts- und Schenkungssteuern, die für die betriebsnotwendigen Immobilien bei Hotelbetrieben immer eine Bedrohung darstellen.

Dienstleistungsbranche benötigt ein faires Einkommenssystem

Hinsichtlich der Erbringung von Dienstleistungen durch Mitarbeiter zeichnen sich folgende Schwerpunkte ab: Bei der Entlastung geringer und mittlerer Einkommen wird der Kurs der Vorgängerregierung fortgesetzt. Hier sollen die erste, zweite und dritte Stufe des Einkommensteuertarifs jeweils von 25% auf 20%, von 35% auf 30% und von 42% auf 40% reduziert werden.

Es kann erst dann von einer wirklichen Steuerreform gesprochen werden, wenn die kalte Progression abgeschafft wurde. Nur dann kommt es zu einer nachhaltigen Entlastung der Mitarbeiter.

Die kalte Progression (wenn jemand durch Lohn- oder Kollektivlohnerhöhung ungewollt in die nächsthöhere Tarifstufe rutscht) muss zumindest durch eine adäquate Anpassung der Grenzbeträge der jeweiligen Progressionsstufen auf Basis der Inflation der Vorjahre bereinigt werden. Die Abschaffung der kalten Progression wurde schon von drei Bundesregierungen versprochen. Die Entlastung der Einkommenssteuertarife wurde bereits mehrmals durch eine solche versteckte Steuererhöhung finanziert. Diese Mogelpackung gehört jetzt sofort bereinigt!

Eine langjährige Forderung der Prodinger Beratungsgruppe wird umgesetzt: Es kommt zu einer strukturellen Vereinfachung der Lohnverrechnung (bessere Koordinierung der drei Player  Finanzamt, Gebietskrankenkasse und Gemeinden) und zu einer Harmonisierung der Beitrags- und Bemessungsgrundlage. Geprüft wird die Möglichkeit einer Senkung der Lohnnebenkosten ohne Leistungsreduktion. Weiters soll es zu weniger Komplexität und zu Dokumentationserleichterungen in der Lohnverrechnung kommen. Ein weiterer Punkt des Regierungsprogramms ist eine sinnvolle Reform der Anführung der Dienstgeberabgaben auf dem Lohnzettel.

Eine weitere Prodinger Forderung wurde ebenfalls im Regierungsprogramm niedergeschrieben: die Begünstigung der Beteiligung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern am Kapital eines Unternehmens. Diese „Mitarbeitererfolgsbeteiligung“ soll es möglich machen, die Tourismusmitarbeiter am Gewinn partizipieren zu lassen.

Die notwendige Reform der Rot-Weiß-Rot Karte wird in Angriff genommen und ein Fokus auf gemeinsame Nutzung und Erneuerung von Mitarbeiterunterkünften gelegt. Die Durchlässigkeit von dualen Ausbildungen bis in den tertiären Bereich wird künftig ebenfalls gefördert. Es kommt auch zu einer Ausweitung des Gewinnfreibetrags bis einem Gewinn von 100.000 Euro (anstatt bisher von 30.000 Euro) und zu einer KöSt-Entlastung auf 21%. Weiters soll es zu einer KESt-Befreiung für ökologische Investitionen kommen.

Die gemeinsame Gewinnermittlung bei Unternehmensgesetzbuch-Bilanz und Steuerbilanz dürfe ein steiniger und langer Weg werden. Eine Harmonisierung der Firmenwertabschreibung ist ebenfalls ein Schritt in die richtige Richtung. Die geradezu antike Veröffentlichungspflicht in Papierform in der Wiener Zeitung wird ebenfalls abschafft.

Die Förderung der Energieeffizienz und die Einrichtung von Anreizsystemen für Unternehmen zum Ersatz ineffizienter Technologien tragen die klare Handschrift des Grünen Regierungspartners. Bei den künftigen Investitionsprämien liegt der Fokus bei klimaschonenden Technologien.

Die Kammern mit ihren Pflichtmitgliedschaften dürfen auch wieder auf ruhigere Gewässer zusteuern. Die neue Regierung gibt keine verordneten Reformverpflichtungen mehr vor.

Fazit: Nicht schlecht! Es fehlt aber in vielen Fällen noch an einer Konkretisierung und an den fehlenden Maßnahmen zur Gegenfinanzierung.

Ihre Kontaktperson:

Thomas Reisenzahn

t.reisenzahn@prodinger.at

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