Analyse der Gesetzesentwürfe: Die Prodinger Steuerberatung nimmt die wichtigsten Gesetzesentwürfe unter die Lupe

Innsbruck (TP/OTS) – Die Jubelmeldungen über die Abfederungen bei der Steuerreform waren verfrüht und eigentlich eine Irreführung. Der vorliegende Gesetzesentwurf ist voller negativen Überraschungen, die nicht diskutiert wurden. Die neuen Belastungen werden spätestens in den Bilanzen 2016 schlagend werden. Die Politik züchtet Verlustbetriebe und eine Unmutsbranche.

Jetzt ist die Katze aus dem Sack: Das Bundesministerium für Finanzen (BMF) hat am 19. Mai das Steuerreformgesetz 2015/2016 zur Begutachtung präsentiert. Die Widersprüchlichkeit zwischen den politischen Ankündigungen und dem vorliegenden Gesetzesentwurf ist beachtlich. Kurzum: Die Verbesserungsvorschläge wurden nicht durchgeführt und die gesamte Gegenfinanzierung trifft hauptsächlich Unternehmen und Unternehmer aus dem Tourismus. Durch die Erhöhung der Umsatzsteuer von 10 auf 13% hat sich Österreich schon ins Spitzenfeld der touristischen Hochsteuersätze katapultiert.

Dazu kommen noch folgende Belastungen, die einen weiteren herben Rückschlag im touristischen Standortvergleich bedeuten:

Überraschung Nummer 1:

Bei der Absetzung für Abnützung (AfA) soll der Abschreibungssatz für unmittelbar betrieblich genützte Gebäude auf 2,5% sinken, was bisher grundsätzlich bekannt war. Dieser AfA Satz war bis dato bei 3% und bis 2000 sogar bei 4%. Der AfA Satz für „Wohnzwecke“ wird sich aber generell auf 1,5% verringern. Für Mitarbeiterunterkünfte bedeutet das eine Reduktion um mindestens 25%, in manchen Fällen wird es sogar eine Halbierung darstellen. Einen Hinweis auf eine funktionale Abschreibung, je nach tatsächlicher Entwertung, findet man in den Texten nicht.

Überraschung Nummer 2:

Als Erleichterung bei der Grunderwerbsteuer (GrESt) für Betriebsübergaben sind bisher drei attraktiv klingende Positionen angekündigt:

  • Stufentarif (Steuersatz von 0,5% bis 3,5% progressiv)
  • Freibetrag für Betriebsübergaben von EUR 900.000,- und
  • Deckelung der GrESt mit 0,5% des Grundstückwertes.

Dies gilt nur für unentgeltliche Übergaben. Leider gehen alle drei Erleichterungen in der Praxis sehr oft ins Leere: Vom Nachfolger übernommene Belastungen wie Bankschulden oder Wohnrechte für die Eltern gelten als Gegenleistung und verhindern in diesem Umfang die Anwendung aller drei Begünstigungen. Eine völlig neue Systematik wird mit den Begriff „Teilentgeltlichkeit“ geboren. Die

Begünstigungen sind aufzuteilen und fallen ab einer Gegenleistung von 70% vom Grundstückswert zur Gänze weg. Ein Beispiel zur Teilentgeltlichkeit:

Grundstückswert 3.000.000 100%
Gegenleistung:
übernommene Schulden 2.000.000
Wohnrecht 50.000
Gegenleistung gesamt 2.050.000 68% „entgeltlich“ –> volle GrESt 3,5%
Anteil unentgeltlich 950.000 32% „unentgeltlich“ –> begünstigt

GrESt für unentgeltlichen Teil 4.750
GrESt für entgeltlichen Teil 71.750
GrESt gesamt 76.500

versprochen war: maximal 0,5% vom Grundstückswert 15.000

Würden die Schulden auf mehr als 70% des Grundstückswertes steigen, beträgt in unserem Beispiel die GrESt bereits EUR 105.000,-, somit das 7-fache (!) des versprochenen Wertes.
In einer kapitalintensiven Branche wie dem Tourismus liegen die Eigenkapitalquote bei 10 % und die Fremdkapitalintensität bei 90%. In anderen Branchen beträgt das Eigenkapital mehr als 30 %. Der Tourismus ist wieder das Bauernopfer. Apropos Bauern – dort bleibt der Einheitswert und der Steuersatz unverändert (2 % vom 1-fachenEinheitswert).

Überraschung Nummer 3:

Befindet sich eine Liegenschaft in einer Gesellschaft, ist bisher bei der Übertragung von Gesellschaftsanteilen idR keine Grunderwerbsteuer angefallen. Auch das soll sich ändern: Werden bei einer Personengesellschaft innerhalb von 5 Jahren 95% der Anteile an andere Eigentümer übertragen, löst auch das GrESt aus! Unter Lebenden könnte das durch geschickte Gestaltungen verhindert werden, bei Todesfällen wird man aber oft in dieser Steuerfalle landen. Bei Kapitalgesellschaften hat die Übernahme von 95% der Anteile durch eine Person auch schon die Vorschreibung der GrESt zur Folge!

Überraschung Nummer 4

Eine Betriebsaufgabe war schon immer eine heikle Angelegenheit. Aus dem Verkaufserlös bei einer Auflösung ist die Liegenschaft herauszulösen und der Immo-ESt (Immobilienertragsteuer) zu unterwerfen, derzeit liegt dieser Satz bei 25% und ist damit ident mit dem halben Steuersatz bei Pensionsantritt. Mit der Steuerreform schrauben die Steuererfinder den Satz auf 30% hinauf und machen eine Strukturbereinigung noch schwieriger. Zusätzlich wird die Steuerbasis massiv erweitert, da der „Inflationsabschlag“, der eine Scheingewinnbesteuerung infolge Geldentwertung lindern sollte, zur Gänze gestrichen wird. Dies kann bei länger im Familienbesitz stehenden Grundstücken (35 Jahre) eine Verdoppelung der Steuerbasis bedeuten – und das zum erhöhten Steuersatz: Folge ist eine Steuererhöhung bei der Immo-ESt um 140%!

Überraschung Nummer 5

Einer der Knackpunkte ist weiterhin die Erhöhung des Umsatzsteuersatzes von 10% auf 13%. Die regelmäßig verbundenen Nebenleistungen müssen sich auf den Hauptsteuersatz von 13% ausrichten. Als einzige Ausnahme wird explizit nur das Frühstück als übliche Nebenleistung genannt. Es bleibt zu hoffen, dass ein entsprechender Erlass die weiteren Nebenleistungen noch regelt.

Die Prodinger Steuerberatung ist ein Mitglied im Netzwerk der PRODINGER|GFB Gruppe.

Die PRODINGER|GFB Gruppe, mit Hauptsitz in Zell am See, ist eine der führenden Wirtschaftsberatungsgruppen in Österreich. Sie unterstützt ihre Kunden in den Haupt-Geschäftsfeldern Steuerberatung, Unternehmensberatung, Marketing und Tourismus. Investment- und Finanzierungskonzepte, sowie Green Business Solutions erweitern das Leistungsspektrum. Die Unternehmensgruppe hat Standorte in Altenmarkt, Bad Hofgastein, Bozen, Innsbruck, Lech, Mittersill, München, Saalfelden, Salzburg, St. Johann in Pongau, Velden, Wien und Zagreb. Die Gruppe betreut u.a. aktuell mehr als 500 Hotelbetriebe in ganz Österreich. Derzeit sind 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an 13 Standorten tätig.

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