8 Punkte für die Hotellerie

Unternehmer einmal mehr gefordert: „Wie gehe ich mit der Situation am besten um?“  Neue Belastungen werden spätestens in den Bilanzen 2016 schlagend werden. Unternehmer schultern zu viel – 8 Tipps der Prodinger|GFB Tourismusberatung für das Unternehmertum.

Die Steuerentlastung im Zuge der umstrittenen Steuerreform wird mit einer saftigen Steuerbelastung für den Tourismus erkauft und „ausgeglichen“.   Statt sich mit dem Begriff „Sparen“ ehrlich auseinanderzusetzen, schaut man lieber, wie sich zusätzliches Geld beschaffen lässt, das der Staat dann ohnehin verlässlich wieder ausgibt.

Die Widersprüchlichkeit der Steuerreform 2015 ist am besten an der gleichbleibenden Steuer- und Abgabenlast für Betriebe abzulesen. Kurzum: die Regierungsverantwortlichen, die mit dem von den Betrieben erarbeiteten Geld bezahlt werden, machen eben diesen Betrieben das Leben schwer. Die Sensibilisierung der politischen Akteure für die volkswirtschaftliche Bedeutung des Tourismus ist zwar dank der lautstarken Proteste halbwegs gelungen, die gravierendsten Eckpfeiler der Steuererfinder bleiben aber weiter bestehen. Diese werden spätestens in den Bilanzen 2016 schlagend werden.

Wieder ist das Unternehmertum gefordert, sich trotzdem aufzurichten und über die Frage nachzudenken: „Wie gehe ich mit dieser Situation am besten um und wie sichere ich die Zukunft von Familie und Mitarbeitern in meinen Betrieb?“. Als erste Konsequenz muss es in vielen Bereichen zu einem radikalen Umdenken und zu einer Veränderungsstrategie entlang der gesamten betrieblichen Wertschöpfungskette kommen:

 

Tipp 1: Eine konsequente Preisdurchsetzung

Durch Preiszugeständnisse wurden die Auslastungswerte in der Vergangenheit teuer erkauft. Markt und Nachfrage sind eng miteinander verzahnt. Bei einer stagnierenden Nachfrage und bei sinkenden Marktanteilen, wie wir dies in Österreich erleben, sinken in der Regel auch die Zimmerpreise. Die Sommer-Auslastung (Betten) liegt in vielen Destinationen unter 50 Prozent und wirkt sich somit negativ auf die Jahresdurchschnittsraten aus.

Wird die Steuererhöhung auf Beherbergung von 10 auf 13 Prozent bei einer Buchung eins zu eins an den Gast weitergegeben, muss sich für das gleiche Ergebnis der Zimmerpreis um 6,8 Prozent erhöhen. Steigende Mitarbeiterkosten und Inflationsprognosen müssen ebenfalls einfließen. Ohne Preissteigerung leiden die Netto-Durchschnittsraten und der notwendige Rohgewinn pro verkauftem Zimmer.

Bild1 Hotellerie

Tipp 2: Anlagevermögen (AV) versus Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit (EGT) in der 4/5-Sterne-Hotellerie

Während das durchschnittliche Anlagevermögen laut der Österreichischen Hotel- und Tourismusbank (ÖHT) von 2000 bis 2014 um 101 Prozent gestiegen ist, verlor das EGT 12 Prozent! Investitionen wurden ohne spürbaren Erfolg für die Betriebe durchgeführt. Es wurde zu teuer gebaut, ohne die Wirtschaftlichkeit von Investitionen zu berücksichtigen. Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer verringerte sich fast um einen Tag auf derzeit 3,5 Tage, im selben Zeitraum sind die Zimmereinheiten im Schnitt um 3 m² größer geworden. Die Hotellerie ist eine der anlage- und kapitalintensivsten Branchen. Daher müssen zukünftige Investitionen nach einem Wirtschaftlichkeitsparameter genau geprüft werden!

Bild 2 Hotellerie

Tipp 3: Die Übergabe vorbereiten

Die Übergabe eines Familienunternehmens von einer Generation zur nächsten war schon immer eine heikle Angelegenheit. Der Übergang zur nächsten Generation ist jetzt noch schwieriger geworden und die Gefahr, Fehler zu machen, so groß wie nie zuvor. Ganz besonders trifft dies auf die Übergabe nach dem neuen Erbrecht und auf die neuen Berechnungen zur Grunderwerbssteuer zu. Als neue Basis dienen die generell höheren Verkehrswerte in der Hotellerie. Um die Verkehrswerte zu errechnen benötigt man wahrscheinlich ein Gutachten, das zu steuerlichen Benachteiligungen führen kann.

Tipp 4: Die bestehenden Finanzierungen überprüfen

Nach der Finanzkrise und dem Frankenschock müssen die Finanzierungskosten optimiert werden. Mit den derzeitigen „Negativzinsen“ geschieht etwas, was Banken für lange Zeit für unmöglich gehalten haben: Das Gleichgewicht zwischen Kreditgeber und Kreditnehmer kehrt sich um und Zinsen mit Bankaufschlägen bekommen eine neue Bedeutung. Die Verhandlungsposition der Hoteliers hat sich dementsprechend verbessert und sollte jetzt genutzt werden.

Tipp 5: Mitarbeiterkosten

Die sehr hohe Belastung im internationalen Vergleich des Faktors Arbeit bleibt erhalten. Die Mitarbeiterkosten steigen im kommenden Jahr um durchschnittlich 2,3 Prozent.  Unternehmensfeindliche Ideen wie der „Überstunden-Euro“ und  das „Bonus Malus-Systems“ kursieren bereits im Lager des derzeit bestimmenden Gewerkschaftsflügels.

In der Hotellerie sind die Mitarbeiterkosten der höchste Kostenfaktor. Trotzdem werden Personalkalkulation und Personalplanung vielfach vernachlässigt. Mitarbeitereinsatzplanung, Benchmarks und die Ermittlung der Lohnkosten pro Leistungszeit sind für eine zwingende und effizientere Planung notwendig.

Bild3 Hotellerie

Tipp 6: Leistungen überdenken und vereinfachen

Viele Hotelangebote und Arrangements sind aufgeblasen und müssen vereinfacht werden. Immer häufiger geben die Gäste dem „Einfachen und Schnellen“ den Vorrang gegenüber dem „Raffinierten und Polierten“. In einer Welt, die auch in Zukunft unüberschaubar bleiben wird, ist „Weglassen“ mehr als nur eine Discount-Philosophie. Einfache und durchdachte Hotelkonzepte sind der Schlüssel zum Erfolg, von Format über Hotelprodukt bis zu Vertrieb und Service. Klassische technische Extras sind nicht mehr gefragt. Die Zeiten von Minibars, Bügelservice und Pay-TV sind endgültig vorbei.


Tipp 7: Vertrieb und Positionierung stärken

Vermarktung und Vertrieb werden komplexer und der Raum für Entscheidungen immer enger. Mittler sind in der Wertschöpfungskette fix verankert, sie profitieren davon mit den höchsten Renditen. Eine MwSt.-Erhöhung in der Beherbergung erhöht die Margen der Reiseplattformen. Sie agieren oft im Widerspruch zu nationalen Gesetzen und geben Preisparitäten, Verfügbarkeitsregeln, Stornobedingungen und Buchungskonditionen vor. Dabei trägt die Hotellerie das höchste Risiko. Wettbewerbsbehörden und Kartellgerichte sind machtlos und können dem Einfallsreichtum der Plattformen kaum Paroli bieten. Das Profil und der Direktvertrieb gehören daher jetzt in den Betrieben gestärkt. Channel Management, Direktbuchbarkeit und Bestpreisgarantie sind zur Chefsache geworden und haben oberste Priorität. Destinationen und Tourismusverbände sind in Zukunft gefordert, direkte Buchungen zu vermitteln. Erste Destinationen schaffen es bereits, 8 bis 10 Prozent der Gesamtbuchungen der Destination über ihr eigenes System abzuwickeln. Daran muss weiter gearbeitet werden!

 

Tipp 8: Von Airbnb & Co lernen

Neue Peer2Peer-Plattformen verstehen es perfekt, das Gefühl eines außergewöhnlichen und sinnstiftenden Urlaubsglücks zu vermitteln. „Live like a local“ lautet die Devise, man mischt sich gerne unter Einheimische und erlebt nach dem Motto „off the beaten track“ deren besondere Lokale und Lieblingsplätze kennen. Dazu kommen Geheimtipps über „offside locations“ aus erster Hand. Doch genau diese Gastfreundschaft ist in österreichischen Familienbetrieben seit Jahren Realität. Aber es fehlt oft noch an einer neuen Optik und Aufmachung, die Besonderheiten einer Region und eines Betriebes packend darzustellen und gezielt einzusetzen.

 

 

Verfasser: Thomas Reisenzahn, reisenzahnn@progfb.com

Die Prodinger|GFB Tourismusberatung ist ein Mitglied im Netzwerk der PRODINGER|GFB Wirtschaftsberatung.

Die PRODINGER|GFB Gruppe, mit Hauptsitz in Zell am See, ist eine der führenden Wirtschaftsberatungsgruppen in Österreich. Sie unterstützt ihre Kunden in den Haupt-Geschäftsfeldern Steuerberatung,  Unternehmensberatung, Marketing und Tourismus. Investment- und Finanzierungskonzepte, sowie Green Business Solutions erweitern das Leistungsspektrum. Die Unternehmensgruppe hat Standorte in Altenmarkt, Bad Hofgastein, Bozen, Innsbruck, Lech, Mittersill, München, Saalfelden, Salzburg,  St. Johann in Pongau, Velden, Wien und Zagreb. Die Gruppe betreut u.a. aktuell mehr als 500 Hotelbetriebe in ganz Österreich. Derzeit sind 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an 13 Standorten tätig.

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