Kartenzahlung senkt Trinkgeld – Salzburger Nachrichten

Bei Barzahlung ist für viele Kellner die Chance auf Trinkgeld am höchsten. Eine kleine Zuwendung für guten Service – beim Friseur, im Taxi und beim Wirt ist das üblich. Die vermehrten Kartenzahlungen senken das Trinkgeld aber. Und Trinkgeld für Chefs ist ein Spezialfall.

Wie viel Trinkgeld geben Sie, wenn mit dem Espresso ein Lächeln serviert wurde, die Weinempfehlung im Restaurant den Abend perfekt abgerundet hat oder der Taxifahrer eben freundlich war und sich nicht nur als schimpfender Grantier am Steuer erwiesen hat? Zumindest aufrunden oder doch noch ein bisschen mehr?

Jeder hat hier so seine Gewohnheiten

Nach einer Empfehlung des Autofahrerklubs ÖAMTC aus dem Vorjahr sind in Österreich fünf bis zehn Prozent des Rechnungsbetrages als Trinkgeld üblich. Es ist aber zweifelhaft, ob das wirklich auf Dauer erreicht wird. Denn durch die zunehmende Zahl von Zahlungen mit Kredit- oder Bankomatkarten hat sich das Trinkgeld in den vergangenen Jahren tendenziell eher reduziert. In Branchen wie Friseur, Kosmetik, Taxi und insbesondere in der Gastronomie und Hotellerie sind die regelmäßigen, mehr oder weniger üppigen Zuwendungen der Gäste und Kunden allerdings ein fixer Einkommensbestandteil. Und obendrein noch steuerfrei, solange sich die Gaben zufriedener Kunden in „ortsüblicher Höhe“ bewegen.

„Der Wechsel zu vermehrten Kartenzahlungen hat die Trinkgelder schon reduziert“, sagt Thomas Reisenzahn von der Tourismusberatung Prodinger & Partner.

Diese Einschätzung bestätigt auch Christian Erasim, Vorstandsvorsitzender der Hoteleinkaufsgenossenschaft Hobex mit Sitz in Salzburg. Zu der Entwicklung hätten aber auch die verschiedenen Zahlungssysteme beigetragen. Früher habe es teilweise eine sogenannte Trinkgeldfunktion bei den Kartenterminals gegeben, das sei heute eigentlich nicht mehr der Fall. Daher komme es auf den einzelnen Betrieb an, wie das Thema Trinkgeld bei Zahlung mit Plastikgeld gehandhabt werde. Denn im Unternehmen scheine ein allfälliger Trinkgeldbetrag bei einer Kartentransaktion auf jeden Fall in der Buchhaltung auf.

Thomas Berger, Landesgeschäftsführer der Dienstleistungsgewerkschaft vida in Salzburg, sagt, genaue Zahlen über Trinkgelder gebe es nicht. Aus seiner Sicht gibt es eher in Hotels mehr Mitarbeiter,die mit Trinkgeld nicht so üppig bedacht werden. Berger macht auf einen weiteren Faktor aufmerksam – viele Hotelgäste ließen ihre Konsumationen auf das Zimmer schreiben und dadurch gebe es weniger Bezahlvorgänge. Positiv sei auf jeden Fall die Praxis, wenn in Betrieben das Trinkgeld gesammelt und nach einem fixen Schlüssel auf Küche, Rezeption, Etage etc. aufgeteilt werde. „Das ist gut, wenn es für die Mitarbeiter transparent ist“, sagt vida-Mann Berger. Früher sei das oft nach Gutdünken erfolgt.

„Nicht jedes System kennt Trinkgeld.“Christian Erasim,Vorstand Hobex AG

Seit jeher müssen die Arbeitnehmer in Österreich für Trinkgelder nur Sozialversicherungsbeiträge bezahlen. Wenig überraschend gibt es aber in jedem Bundesland unterschiedliche Regelungen, was ortsüblich ist. Dazu legen die Sozialpartner in der jeweiligen Gebietskrankenkasse monatliche Pauschalbeträge fest. So gelten im Bundesland Salzburg zum Beispiel seit heuer für Taxi- und Buslenker 75 Euro als monatliche Trinkgeldpauschale. Bei einem Zahlkellner werden 43,60 Euro als Zubrot angenommen, für ein Zimmermädchen nur 17,44 Euro. In Niederösterreich etwa sind diese Beträge mit 29,07 Euro (Portiere und Zahlkellner) bzw. 14,53 Euro viel niedriger.

Von diesen Pauschalen seien etwa 18 Prozent als SV-Beitrag abzuführen, sagt Berger. Das sei vielen Beschäftigten nicht bewusst, oft werde davon gesprochen, dass der jeweilige Pauschalbetrag vom Lohn einbehalten werde. Insgesamt könnten aber alle ganz gut mit der Situation leben, heißt es.

Vielen Kunden und Gästen ist dagegen wohl nicht bewusst, dass es steuerlich einen Unterschied macht, wer das Trinkgeld kassiert. Für einen Arbeitnehmer sind die Beträge wie gesagt steuerfrei, bei Unternehmern allerdings nicht. Das hat das Bundesfinanzgericht in einem Fall einer Vorarlberger Pizzeria vor einigen Wochen erneut klargestellt. Dabei schätzte das Finanzamt die Trinkgelder recht gütig – pro Zahlung für zwei Personen wurde von 50 Cent Trinkgeld ausgegangen. Bereits im Jahr 2008 hatte sich der Verfassungsgerichtshof mit der Thematik befasst. Juristisch wird beim Arbeitnehmer zwischen normalem Lohn und Trinkgeld unterschieden. Den Lohn zahlt der Arbeitgeber, das Trinkgeld der Kunde als Dritter. Beim Unternehmer zählt Trinkgeld hingegen zu den Betriebseinnahmen und ist damit Umsatz- und einkommenssteuerpflichtig. Diese Ungleichbehandlung sei nicht verfassungswidrig, urteilten die Höchstrichter. Zuvor hatte 2005 der damalige Finanzminister Karl-Heinz Grasser versucht, die Trinkgelder für Mitarbeiter zu besteuern. Daraus wurde nichts.

Artikel auf Salzburger Nachrichten

FOLGENDE ARTIKEL KÖNNTEN SIE AUCH
INTERESSIEREN:

Diese Webseite verwendet Cookies.
Damit Sie unsere Website optimal nutzen können, speichern wir Informationen über Ihren Besuch in sogenannten Cookies. Durch die Nutzung dieser Webseite erklären Sie sich mit der Verwendung von Cookies einverstanden.