Steuern, Investitionen, Nachfrage: Wohin bewegt sich der heimische Tourismus? – APA

ExpertInnen im Tourismusausschuss zu Budgetsituation der Hotellerie und Österreich Werbung

Wien (PK) – Seit Jahren verzeichnet Österreich steigende Gästezahlen, über diese Fakten besteht Konsens zwischen allen TourismusexpertInnen. Inwieweit aber die Abgabenquote Österreichs eine Belastungsprobe für die Hotellerie darstellt, wie es in einer Studie der Prodinger Tourismusberatungsagentur heißt, darüber gehen unter Fachleuten die Meinungen auseinander. Von der Österreichischen Hotel- und Tourismusbank wird in diesem Zusammenhang auf einen starken Anstieg an Investitionen in der Beherbergungsbranche hingewiesen, der die pessimistische Sichtweise auf die Lage des heimischen Tourismus widerlege. Im heutigen Tourismusausschuss des Nationalrats äußerte sich vor allem die Opposition kritisch zu den Auswirkungen der letzten Steuerreform auf den Tourismus. Während die Regierungsfraktionen den Erfolg der heimischen Freizeitwirtschaft hervorhoben, bereiten FPÖ, Grünen und NEOS speziell die Mehrwertsteuererhöhung auf Nächtigungen und die Verlängerung der Abschreibedauer Sorge. Staatssekretär Harald Mahrer, der klare Belege für Wettbewerbsnachteile aufgrund des neuen MwSt-Satzes von 13% vermisst, konnte die Bedenken kaum zertreuen.

Mit einer starken Marke Österreich will Petra Stolba, die im Juli um weitere fünf Jahre als Geschäftsführerin der Österreich Werbung (ÖW) verlängert worden ist, den Tourismus künftig unterstützen. Die ÖW setze daher auf ein „bestmöglich konzertiertes Auftreten“ der verschiedenen Werbeorganisationen – vor allem auch jener der Bundesländer – im Ausland, sagte sie bei der Aussprache mit den Ausschussmitgliedern.

Steuer als Wettbewerbsfaktor

Thomas Reisenzahn und Stefan Rohrmoser von der Prodinger Tourismus Beratung bzw. dem damit verbundenen Wirtschaftstreuhands- und Beratungsunternehmen warnen vor zu viel Optimismus, nur weil die Nächtigungen in den heimischen Tourismusbetrieben steigen. Die Zuwächse würden vor allem bei den 4- und 5-Sterne-Hotels registriert, während die niedrigeren Kategorien in den letzten Jahren stagniert oder verloren hätten, so Reisenzahn. Hinsichtlich Einnahmen habe man zudem erst 2016 wieder das Umsatzniveau von 2016 erreicht. Rohrmoser gab zu bedenken, dass Beherbergungsbetriebe in konkurrierenden Ländern meist weit geringere MwSt-Sätze auf Nächtigungen zu tragen hätten – in Deutschland etwa nur 7%, in Italien 10%. Österreich befinde sich mit nunmehr 13% eindeutig im Nachteil. Die betriebswirtschaftlich relativ gute Allgemeinsituation im Tourismus führen die Experten vorrangig auf die günstige Zinslage zurück – bei einem Zinsanstieg müsse man allerdings mit einem drastischen Anstieg der Entschuldungsdauer von Tourismusbetrieben rechnen. In ihrer Analyse zur Steuerreform 2016 kritisieren Reisenzahn und Rohrmoser neben der MwSt-Anhebung für Nächtigungen von 10% auf 13% und der gesteigerten Immobilienertragsteuer (von 25 auf 30 Prozent) auch Änderungen der Grunderwerbsteuerregelungen bei Betriebsübertragungen auf Nachfolger und die Ausweitung des Abschreibezeitraums bei Einrichtungen in Tourismusbetrieben auf 40 Jahre – hier wären 15 Jahre als Abbild der Realität angemessen.

Abgesehen davon gebe es hierzulande von der Registrierkassenpflicht, über die Brandschutzverordnung bis hin zur Allergenausweisvorgabe für die Gastronomie eine Unmenge an weiteren Belastungen und Bürokratie, bekräftigte Josef Schellhorn (N).“Eine Kuh, die man melken will, muss man auch füttern“, riet Georg Willi (G) dazu, anstelle der erhöhten Steuer auf Nächtigungen einen Nächtigungs-Euro einzuführen, der auch gleich das Frühstück abdeckt. Hermann Brückl (F) befürchtet, aufgrund der neuen Abschreiberegelungen und der internationalen Vorgaben zur Bankenregulierung (Basel III und IV) würden viele Betriebe um ihre Finanzierungsmöglichkeiten gebracht.

Änderungen bei der Abschreibedauer seien durchaus anzudenken, räumte Staatssekretär Mahrer ein, er verbat sich jedoch, Probleme der Tourismuswirtschaft alleine der jüngsten Steuerreform anzulasten. Unterschiedliche Regeln, etwa im Bereich Konsumentenschutz, habe es bereits davor gegeben. Ob die 13%-Mehrwertsteuer auf Übernachtungen zur Belastung wird, hänge außerdem von der Situation des jeweiligen Beherbergungsbetriebs ab.

ÖHT registriert steigende Investitionen

Zur Sicherstellung der Kreditfinanzierung für Tourismusbetriebe brauche die Österreichischer Hotel- und Tourismusbank (ÖHT) fraglos eine Ausweitung der Haftungen, appellierte ÖHT-Geschäftsführer Wolfgang Kleemann im Ausschuss. Das derzeitige Haftungsvolumen von 500 Mio.€, mit dem die zinsfreien Kredite von der ÖHT besichert werden, laufe Ende 2017 aus.

Trotz dieser Mahnung betonte Kleemann, die Investitionen der Freizeitwirtschaft seien in den letzten Jahren gestiegen; von rund 406 Mio.€ 2015 auf bereits 555 Mio.€ heuer. Die Eigenkapitalquote der Branche sei ebenfalls gewachsen und auch die Erträge pro Zimmer stiegen an. Bei den Verbindlichkeiten gebe es kaum Ansuchen um Stundung. „Jede Krise bietet eine Chance“, folgerte Kleemann daraus, dass die sich Nächtigungsbetriebe nach einer „Durststrecke“ durch konsequentes Wirtschaften und Kostenoptimierung konsolidiert haben und es der Branche relativ gut geht. Letztere Bemerkung zweifelte Abgeordneter Thomas Schellbacher (F) stark an, bei Andreas Hanger (V) und Erwin Preiner (S) stieß sie hingegen auf Zustimmung. Preiner sieht durch die Zahlen belegt, dass „Österreich als Erfolgsland im Tourismus bezeichnet werden kann“, wünschenswert wäre nur, die Nächtigungszahlen in allen Hotelkategorien zu heben.

Die wirtschaftliche Bedeutung der Privatvermietung brachte FPÖ-Tourismussprecher Gerald Hauser zur Sprache, als er deren Anliegen erläuterte: Neben einer gesetzlichen Definition der Privatvermietung sei eine Modernisierung von rechtlichen Rahmenbedingungen wie der Gewerbeordnung hoch an der Zeit.

Österreich Werbung forciert einheitliche Marke im Ausland

„Österreich liegt unter den Top 15 Ländern der Welt“, wenn Tourismusdestinationen verglichen werden, stellte die Geschäftsführerin der Österreich Werbung (ÖW) Petra Stolba fest. Ausgenommen das Jahr 2009 sei das Tourismuswachstum der letzten Jahrzehnte immer positiv gewesen. Mit ihren Aktivitäten und Leistungen setze die ÖW daher alles daran, dass dieser Kurs beibehalten wird. Gerade in einem sich immer rascher verändernden Umfeld, etwa im Kommunikationsverhalten der Gäste – Stichwort Social Media – sei es entscheidend, neue Trends von Nachfrage und Bedürfnissen zu erheben und den Betrieben zu vermitteln. Die Gäste von heute blieben immer kürzer, hätten dafür aber ein erhöhtes Interesse an neuen Erfahrungen. In Bezug auf Fernmärkte wie China ziele man darauf ab, erklärte Stolba, Österreich vermehrt als „Monodestination“, zu vermarkten.
Damit Österreich im Ausland unverwechselbar ist, sei eine einheitliche Marke wichtig, bestätigte sie in gewisser Weise Willi (G) und Schellhorn (N), die auf eine starke Kooperation der Werbeorganisationen des Landes pochen. Zwar liege die Zuständigkeit für das Tourismusmarketing vorrangig bei den Bundesländern, so Stolba, doch arbeite die ÖW eng mit den neun Landestourismusorganisationen zusammen, etwa bei rechtlichen Belangen. Im Falle von regional unterschiedlichen Marken müsse man auf deren Zusammenwirken achten. (Schluss Tourismusausschuss) rei

 

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