Das Korsett ist eng – Saison

Mit der Steuerreform 2015/16 sind die wirtscliaftlichenRahmenbedingungen für die Hotellerie noch einmal schwierigergeworden – um sie abzufedern, braucht es unternehmerische Tatkraft und Optimismus.

Die Steuerreform 2015/16 hat es in sich: Die Umsatzsteuer im Bereich Beherbergung wurde von zehn auf 13 Prozent erhöht. Der Abschreibungszeitraum verlängert sich auf 40 Jahre; bisher lag er bei 33 Jahren, Obendrein wurde die Körperschaftssteuer für Kapitalgesellschaften um rund 12.500 Euro pro Jahr erhöht. Keine Frage also: Die Steuerreform trifft die Hotellerie schwer.

Doch wie damit umgehen? Jakob Edinger von der Edinger Tourismusberatung, Thomas Reisenzahn vom Beratungsunternehmen Prodinger und Bernhard Heitzmann, Geschäftsführer des Wellnesshotels Quellenhof Leutasch,
schildern die Situation und zeigen Möglichkeiten, die Effekte abzufedern.

Herber Schlag

Die Steuerreform 2015/16 sei ein herber Schlag, betont Tourismusberater Jakob Edinger, da gäbe es nichts schönzureden. Sie bringe den Tourismusbetrieben Wettbewerbsnachteile gegenüber Südtirol, Bayern und der Schweiz. Dazu komme, dass Gemeinden bei den Kommunalgebühren (Kanal, Wasser, Müll) immer höhere Gebühren vorschreiben, die Tourismusverbände die Ortstaxen stetig anheben, nicht zu vergessen die Fremdenverkehrsbeiträge.

„Die Preise müssen entsprechend der Steuererhöhung um mindestens 6,8 Prozent angehoben werden, auch steigende Mitarbeiterkosten und Inflationsprognosen müssen berücksichtigt werden.“THOMAS REISENZAHN, PRODINGER GRUPPE

Völlig klar ist für Edinger, dass die neuen, zusätzlichen Belastungen in der Preiskalkulation berücksichtigt werden müssen. Es gebe in der Hotellerie und im Gastgewerbe kaum Einsparungsmöglichkeiten, da diese sofort auf die Qualität gingen. „Qualität wird vom Gast aber sehr konsequent gefordert“, so Edinger. Es dürfe auch keinen investitionsrückstau geben. „Einige Hoteliers werden ihre Investitionstätigkeit auf Druck der Banken wohl verlangsamen, einige sicherlich versuchen auszusteigen, was allerdings schwierig ist, well kaum Pächter zu finden sind. Eine Übergabe an die nächste Generation ist unter diesen Voraussetzungen auch äußerst schwierig“, schätzt der Tourismusberater.

Eine weitere Möglichkeit bestehe darin, eine höhere Kategorie und damit mehr Wertschöpfung anzustreben, das sei allerdings mit höheren Risiken verbunden. „Rund ein Drittel der Tiroler Hotellerie agiert im Spitzenfeld. Die meistert diese Erschwernisse, weil sie hochspezialisiert ist, eine ordentliche Betriebsgröße hat, einen guten Standort, ein tolles Image, eine hohe Zahl an Stammgästen und gutes Personal´, erläutert Edinger. Zudem profitierten die Betriebe derzeit alle von den außerordentlichen niederen Zinssätzen: „Problematisch wird es sicher, wenn sich das ändert.“

Notwendige Maßnahmen.

Thomas Reisenzahn schlägt in eine ähnliche Kerbe; Zwischen 60 und 80 Millionen Euro Mehrbelastung bringe die Steuerreform für den Tiroler Tourismus, Die inländischen Gäste müssten wegen der höheren Kaufkraft durch die Lohnsteuersenkung pro inlandsnächtigung in Tirol um acht Prozent mehr ausgeben und die Nächtigungen drei Jahre lang jeweils um 5,2 Prozent zulegen, um diese Zusatzbelastungen zu kompensieren“, so der Betriebsökonom und Gesellschafter des Wirtschaftsberatungsunternehmens Prodinger. Er erinnert daran, dass bereits vor der Steuerreform Mehrbelastungen zu tragen waren, wie etwa die Streichung der Energieabgabenvergütung, die Registrierkassenpflicht, das Rauchverbot oder die Allergen-Kennzeichnung.

Reisenzahn fordert von der Politik, die neuen wirtschaftlichen Hürden zu minimieren. „Dass die Lohnsteuersenkung den Inlandstourismus ankurbelt, war im Sommer 2016 festzustellen. Damit diese Effekte nicht verpuffen und die Mitarbeiter mehr Netto vom Brutto bekommen, sollte die kalte Progression so rasch wie möglich abgeschafft werden“, so der Experte.

Zudem sollte die Mehrwertsteuereinhebung auf Beherbergung vereinfacht und der Steuersatz wieder auf unter den EU-Schnitt von zehn Prozent gesenkt werden. Um Konjunktur und Investitionen anzukurbeln, brauche es eine rasche Umsetzung der angedachten Reduktion der Körperschaftssteuer auf 20 Prozent sowie der funktionalen Abschreibung, wie sie die Tourismuswirtschaft jüngst gefordert habe

Acht Punkte

Aber auch die Tourismusbetriebe selbst könnten einiges tun, um die für sie drückenden Lasten zu minimieren, sagt Reisenzahn. Er hat acht Tipps für Unternehmer zur .Schadensbegrenzung“ parat: Zunächst müssten die
Preise entsprechend der Steuererhöhung um mindestens 6,8 Prozent angehoben werden, auch steigende Mitarbeiterkosten und Inflationsprognosen müssten berücksichtigt werden. „Zudem sollten die Investitionen auf ihre Wirtschaftlichkeit hin überprüft werden“, so Reisenzahn. Die Übergabe an die nachfolgende Generation sei noch schwieriger geworden und müsse daher gut vorbereitet sein. „Die Gefahr, Fehler zu machen, ist groß wie nie“, warnt der Fachmann mit Blick auf die Übergabe nach den Berechnungen zur Grunderwerbssteuer.

Weiteres Gebot der Stunde: die Finanzierungen überprüfen – die Verhandlungsbasis sei für Hoteliers derzeit hervorragend. Obwohl der höchste Kostenfaktor, würde gerade dem Bereich Mitarbeiterkosten nach wie vor zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt, sagt Reisenzahn und unterstreicht; .Einsatzplanung, Benchmarks und die Ermittlung der Lohnkosten pro Leistungszeit ist zwingend notwendig.´ Zudem müssten die Leistungen überdacht werden. Immer mehr Gäste schätzten das Einfache, Schnelle. „Weglassen ist mehr als eine Discountphilosophie“, sagt Reisenzahn. Die Betriebe sollten ihr Profil schärfen und den Direktvertrieb stärken, um sich nicht von den Reiseplattformen Preise und Konditionen aufzwingen zu lassen. Lernen könne man aber viel von Airbnb und Co. „Die Devise lautet; Live like a local. Man mischt sich unter Einheimische und lernt deren Lieblingsplätze kennen. Genau diese Gastfreundschaft ist in den Tiroler Familienbetrieben seit Jahren Realität“, so Reisenzahn. Es müsse allerdings stärker auf die Besonderheiten der Region, des Betriebes eingegangen werden.

Nicht jammern.

Nicht jammern, sondern anpacken“, ist die Devise von Bernhard Heitzmann. 2009 hat der pensionierte Rechtsanwalt den Quellenhof in Leutasch übernommen und in den letzten Jahren zu einem Leitbetrieb in der Region ausgebaut. Die Spitzenhotellerie habe auch in Zukunft nichts zu befürchten. „Dass es immer schwieriger wird, ist ein Blödsinn“, betont der Hotelier. Die Spitzenhotellerie in Tirol wird von Jahr zu Jahr besser, ist konkurrenzfähig und bringt entsprechend bessere Ergebnisse. Den guten Betrieben kann daher auch die Erhöhung der Umsatzsteuer – grundsätzlich ein Unsinn – nichts ernstlich anhaben´, ist Heitzmann überzeugt.

Der Tiroler Tourismus habe ein anderes, ein grundsatzliches Problem. „Das ist die mangelnde Attraktivität verschiedener Betriebe insbesondere im Sommer. Es geht häufig um Anlagen, die in Ortszentren liegen, die kein Freibad und keine Liegewiese haben“, erläutert Heitzmann. Die Spitzenhotellerie in Tirol läge meist außerhalb der Orte, dort, wo es Entwicklungsmöglichkeiten gibt, mit der Chance auf gute Auslastung und gute Preise – auch im SommerIm Gegensatz zu vielen anderen Gebieten in Österreich, Deutschland oder der Schweiz könne Tirol nämlich das ganze Jahr als Destination punkten. „Regionen wie der Wörthersee oder Niederbayern haben nur eine Saison. Im Winter ist dort nichts los, die könnten stöhnen.

Wir Tiroler nicht“, sagt der ehemalige Wirtschaftsanwalt und unterstreicht noch einmal: „Nicht die behördlichen Vorschriften sind das primäre Problem, sondern Lage und Zustand vieler Hotels. Es braucht daher für Hotelbetriebe, die nicht wirtschaftlich geführt werden können, ein Ausstiegsszenario – die Möglichkeit, aufgelassene Hotels für Wohnzwecke der einheimischen Bevölkerung umzuwidmen.“ X

Artikel auf Saison

FOLGENDE ARTIKEL KÖNNTEN SIE AUCH
INTERESSIEREN:

Diese Webseite verwendet Cookies.
Damit Sie unsere Website optimal nutzen können, speichern wir Informationen über Ihren Besuch in sogenannten Cookies. Durch die Nutzung dieser Webseite erklären Sie sich mit der Verwendung von Cookies einverstanden.