Bestimmt die Sharing Economy die touristische Zukunft?

Am 13. Juni 2017 hielt Thomas Reisenzahn die Keynote im Rahmen der ÖVP Klubgespräche zum Thema „Tourismus im Wandel – Bestimmt die Sharing Economy mit neuen Beherbergungsformen und Online-Plattformen die touristische Zukunft?

Die Tendenz zur Individualisierung, die Kommunikation in sozialen Medien und der digitale Fortschritt bilden die Grundlage für neue Geschäftsmodelle, die auf dem Ansatz des „Teilens“ beruhen. „Sharing“ wird neben ökonomischen Gründen (ich kann damit Geld sparen) oder ideellen Motiven (es ist gut für die Gemeinschaft, gut gegen Ressourcenverschwendung) auch zum Aufbau und zur Verfestigung sozialer Beziehungen genutzt.

Die Sharing Economy wächst rasant. Internationale Plattformen wie Airbnb, Foodora oder Uber expandieren. Mit etwa 60 Millionen Gästen und mehr als zwei Millionen Unterkünften weltweit im Jahr 2016 zählt Airbnb wohl zu den bekanntesten Vertretern dieser Wirtschaftsform. Airbnb wird immer mehr zur ernst zu nehmenden Hotelalternative.

Die „Du“-Gemeinschaft!

Das „Du- Wort“ in der Geschäftsanbahnung und in den AGB von Google, Airbnb oder Ikea ist der Ausdruck einer freundlichen Aufnahme von Personen in eine große, von sonniger Gesinnung geprägte Gemeinschaft. Mit dem Du, mit dem man angesprochen wird, soll die Verbundenheit in einer kollaborativen Gemeinschaft besiegelt werden. Man wird dadurch Glied einer unüberblickbaren Kette begeisterter User und ist Teil eines eigenen Lebensstils. Airbnb betont die Authentizität und Einmaligkeit der Unterkunftsmöglichkeit und inszeniert gleichzeitig ein Gefühl der Zugehörigkeit und Verwurzelung durch die personalisierte Beziehung zum Gastgeber sowie die Einbettung in die „Local Community“. Denn insbesondere Singles sehnen sich vermehrt nach Gemeinsamkeit und das Reisen als Erlebnis erhält eine besondere Wertschätzung. Auf der anderen Seite haben immer weniger Menschen ein Problem damit, dass andere Leute die eigenen vier Wände (nach dem Motto „zu Gast in anderen vier Wänden“) für ihren Urlaub nützen.

Neuer Ansatz: Teile und verdiene!

Es gibt viel mehr Österreicher als man glaubt, die neben ihrer regulären Arbeit noch für Plattformen in der Sharing Economy arbeiten. Es gibt viele Möglichkeiten, dies zu tun. Insbesondere Länder, wo für Dienstnehmer und Dienstgeber die Steuern auf Arbeit zu hoch und die Sozial- und Transferleistungen sehr ausgeprägt sind, begünstigen das Arbeiten im Freelancer Modus der Sharing Economy. Erstmals kommt es auch in der Wissensgesellschaft (Programmierer, Grafiker, Texter, Berater etc.) zu einer Pfuscher-Mentalität. Insbesondere Staaten wie Österreich werden diese Entwicklungen spüren, da bekanntlich zwei Drittel der Staatseinnahmen vom Faktor Arbeit stammen.

Teilen im Tourismus

Die Bedeutung der Sharing Economy nimmt auch im Tourismus zu. Zu beobachten ist eine immer stärkere Etablierung des „Teilens“. Um am Ball zu bleiben, muss man rasch lernen, mit dem Thema Sharing Economy aktiv und vorausschauend umzugehen.

Allerdings sind in der touristischen Sharing Economy große Unterschiede in Bezug auf die Kommerzialisierung der sog. Tauschbeziehung festzustellen: Der Bogen reicht von der unentgeltlichen Übernachtung „auf dem Sofa“ (in Wien gab es über eine Million Verwandten und Bekanntenbesuche mit Nächtigung im Jahr) bis hin zum Couch Surfing, bei dem sehr wohl zu zahlen ist. Beim „Tausch“ über Airbnb und Uber steht der ökonomische Vorteil im Vordergrund (ähnlich wie bei Interhome).

In attraktiven touristischen Orten, wo Wohnraum knapp und teuer ist, werden immer mehr Wohnungen zu Weitervermietungszwecken genutzt.

Bei vielen dieser Wohnungen fehlt aber eine legale Meldung des Eigentümers und die vorgeschriebene Nutzung für einen ganzjährigen (ständigen) Wohnbedarf wird einfach ignoriert. Diese Objekte werden über Plattformen wie Airbnb, Wimdu oder 9flats vermietet. Ausgehend vom urbanen Bereich und den Ballungszentren schwappen diese Angebote auch schon in die Feriendestinationen über. Genau dort ist aber Wohnen teuer und es kommen zusätzliche touristische Betten auf den Markt. Diese Geschäfte werden ohne behördliche Auflagen und Kontrollen und meist ohne Wissen der Gemeinden und Tourismusverbände sowie des Finanzamtes durchgeführt. Es muss sichergestellt werden, dass man bestehenden Verpflichtungen sofort nachkommt. Dafür sind Gemeinden, Bezirkshauptmannschaften und die Länder zuständig – ohne Ausreden bezüglich der Instanzenzugehörigkeit.

Zu weiteren kontroversen Diskussionen führt dabei aber immer wieder der Hinweis, dass Airbnb-Vermieter nicht die gleichen Auflagen zu erfüllen und auch nicht die gleichen Abgaben und Steuern zu entrichten haben. So kommen durch Schwarzmarkt- und Steuervermeidungspraktiken ganze Volkswirtschaften unter Zugzwang, neue Spielregeln im Umgang mit der Sharing Economy aufzustellen.

Dabei stellt sich die Frage: „Müssen die bestehen Regeln und Gesetze an diese Geschäftsmodelle angepasst werden, oder sollen sich die Sharing-Marktteilnehmer an die Regularien der einzelnen Staaten anpassen?“

Denn bisher galt: Ein europäischer Roll out einer Sharing Plattform, startet meistens in einem Niedrigsteuerland (wie Irland) und die Spielregeln aus Amerika wurden für alle Länder einheitlich verwendet. Der Standort des Servers ist in der Plattformökonomie oft ausschlaggebend für die fiskalpolitische Behandlung und gesetzliche Ausrichtung.

Die Diskussionen um die Gewerbeordnung haben uns die Reformwilligkeit in Österreich vor Augen geführt. Bis sich nicht das System ändert, sollte das System aber sicherstellen, dass bestehende steuerliche Verpflichtungen auf lokaler bzw. regionaler oder nationaler Ebene von den Betreibern nicht-regulierter Beherbergungsbetriebe und deren Internetplattformen tatsächlich eingehalten werden. Transparenz ist diesbezüglich ein Muss, wie dies auch bei den anderen Betreibern im Tourismussektor vorausgesetzt wird. Fast alle Arten von Beherbergungsbetrieben in Europa sind klar mehrwertsteuerpflichtig und auch die Schattenwirtschaft sollte unter die Steuerpflicht fallen, da sonst ein gewaltiges Wettbewerbsungleichgewicht auf dem Beherbergungsmarkt entsteht. Außerdem sollten alle Beherberger den jeweiligen gesetzlich verankerten lokalen, regionalen oder nationalen Steuern unterliegen, die auch die Hotelbranche betreffen. Egal ob gewerbliche Tätigkeit oder Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.

Welche Bereiche sind in der Vermietung von Bedeutung?

Gewerbemäßig

  • Gewinnerzielungsabsicht
  • Regelmäßig
  • Kurzfristig
  • Finanzverwaltung: Zusatzleitungen wie z.B. Reinigung, Verköstigen

Betriebsanlage

  • für die gewerbliche Vermietung ist eine Betriebsanlagengenehmigung erforderlich

Wohnungseigentum und MRG (OGH 5 Ob 59/14 h)

  • Ohne Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer des Wohnhauses stellt die Vermietung eine unzulässige Widmungsänderung dar.
  • Bei Vorliegen folgender Voraussetzungen entspricht die Vermietung einem Beherbergungsbetrieb, der durch die reine Wohnwidmung der Wohnungen nicht gedeckt ist:
  • Wiederholte, kurzfristige Vermietungen für wenige Tage bis zu einem Monat
  • Bereits die Vermietung einer einzigen Wohnung für Ferienzwecke ist ausreichend
  • Anbieten einer Wohnung unter Beistellung von Bettwäsche und Handtüchern sowie der Durchführung einer Endreinigung zu pauschalen Tagessätzen
  • Öffentliches Anbieten der Wohnung über Buchungsplattformen oder sonstige Vermietungsplattformen, die Touristen ansprechen.

Meldegesetz

  • Beherbergungsbetrieb 24 h
  • Wohnungen innerhalb von 3 Tagen an- und abmelden

Grundverkehr/Raumordnung

  • Nutzungseinheiten „Wohnungen“ ohne aufrechter Meldung (Freizeitwohnsitze)

Einkommenssteuer

  • Besteht nur ein Dienstverhältnis (Einkünfte aus nicht selbständiger Arbeit), dürfen pro Jahr EUR 730,00 steuerfrei verdient werden

Abgabenrecht

  • Kur- Ortstaxe
  • Tourismusabgabe

 USt.

Rücktrittsrechte, Gewährleistungen etc.

 

 

Im Gruppenfoto: vl. Mag. Matthias Koch, Klubobfrau Mag. Daniela Gutschi, Thomas Reisenzahn und MMag. Herbert Brugger
Credits: ÖVP Landesklub Salzburg

 

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