Arbeiten im Tourismus – Saison

190 Hotels luden österreichweit am 23. Juni zum „Tag der Offenen Hoteltür“ und präsentieren sich unter www.karriere-im-hotel.at. Vom Mitarbeiter zum Mitunternehmer Mitarbeiterbeteiligungen, neue Stundenmodelle. Die Branche reagiert auf den demographischen Wandel, der auch ein neues Arbeitsverhalten mitbringt. Flexiblere Arbeitszeiten und neue Berufsbilder sind Herausforderungen für Unternehmer. Großen Reformbedarf gibt es noch bei den Arbeitszusatzkosten.

Sommer, Winter, Zwischensaison – so sielit der Jahreskreis für viele Hotelbetreiber in Tirol aus und er bleibt die größte Herausforderung für die Unternehmer. Stichwort: Planungssicherheit. Diese wünscht sich Michaela Reitterer, Präsidentin der Österreichischen Hotellerievereinigung, nicht nur für Ganzjahresbetriebe, sondern für alle: „An den Saisoniers hängen auch Arbeitsplätze in anderen Abteilungen, wenn es hier die Sicherheit gäbe, dass das Saisonierskontingent nicht gekürzt wird und die Mitarbeiter wieder kommen können, wäre die Jahresplanung in einem Unternehmen um vieles leichter.

Neue Berufsbilder, neue Lebenssituationen.

Mit Blick auf den demographischen Wandel und das sich verändernde Arbeitsverhalten sieht die Unternehmerin eine stärkere Flexibilisierung der Arbeitszeiten als eine Notwendigkeit, die vor allem auch jungen Menschen und Müttern entgegenkäme. „Wir haben aber Bestimmungen aus einer Zeit, in der die Familien noch aus Mutter-Vater-Kind-Einheiten bestanden und Großmütter als Kinderbetreuerinnen präsent waren, dieses Lebensmodell entspricht schon lange nicht mehr der Realität.“ Zudem gäbe es gerade imTourismus viele Berufsgruppen, deren Aufgaben nicht an fixe Arbeitszeiten und Orte gebunden sind wie etwa der Bereich Buchungen oder das Marketing. Und genau in diese würden aber vor allem junge Menschen drängen.

Hier sieht Reitterer die Sozialpartner gefordert, eine Flexibilisierung würde die Branche attraktiver machen: „Mut, sich Themen wie Arbeitszeitflexibilisierung anzuschauen, wünsche ich mir als Interessenvertreterin der Hotellerie und auch als Unternehmerin von den Sozialpartnern. Das würde auch die Branche sexy machen.“ Bei den Unternehmern sei dieser Gedanke schon lange angekommen, noch blockierten allerdings Gewerkschaften und Arbeiterkammer. „Es wäre wichtig, auch einmal die jungen Menschen zu befragen, wie sie arbeiten wollen“, ist Michaela Reitterer überzeugt. Den „Nine-to-five-Job“ werde es trotzdem weiter geben, für die Mitarbeiter, die ihn wünschen, spricht sich Michaela Reitterer für ein Nebeneinander von verschiedenen Modellen aus.

Die Flexibilisierung könnte sich auch positiv auf die Mobilitätsbereitschaft der Mitarbeiter auswirken. „Im Osten gibt es viele Menschen, die Arbeit suchen, während es im Westen viele offene Stellen gibt. Wer 50 Kilometer und mehr in eine Richtung pendelt, möchte dann auch so lange arbeiten dürfen, bis er seine Aufgabe erledigt hat“, stellt die Unternehmerin fest, deren Mitarbeiter in einem Boutiquehotel in Wien flexibel arbeiten können. Mit den gesetzlichen Rahmenbedingungen wäre dies auch für saisonal geführte Betriebe möglich. Mit dem „Tag der Offenen Hoteltür“ ließ die Branche am 23. Juni wieder hinter die Kulissen schauen, auch um Lust auf die Mitarbeit in den Betrieben zu wecken.

Lohnnebenkosten senken

Von Mitarbeitern, die dem Unternehmerzu viel kosten, aber trotzdem wenig verdienen, spricht Thomas Reisenzahn. Der Geschäftsführer der Prodinger Beratungsgruppe und vormals Generalsekretär der ÖHV, richtet sich mit einem klaren Appell an die Regierung und die Sozialpartner: Die Lohnnebenkosten sind zu hoch. An einem Beispiel aus Tirol macht das Reisenzahn fest: Ein Hotelmitarbeiter (Oberkellner) in Tirol verdient 1.475 Euro monatlich und bekommt diesen Betrag auch auf sein Konto überwiesen. Der Brutto-Gehalt: 1.985 Euro. Der Hotelier muss weitere 615 Euro an Lohnkosten abführen. Somit kostet der Mitarbeiter dem Unternehmer 2.600 Euro.„Wenn zwei Drittel der Staatseinnahmen auf die Besteuerung von Arbeit ausgerichtet sind, ist das zu viel, da sind wir in den internationalen Rankings immer weit oben. Das melden uns auch die Betriebe zurück, die wir betreuen“, weiß Thomas Reisenzahn. Diese Situation sei für eine Branche, die auf hochwertigen Dienstleistungen beruht, sehr unbefriedigend. Der oben erwähnte Mitarbeiter koste in seiner produktiven Leistungszeit 29 Euro pro Stunde. Ein Industrieroboter hingegen nur 6 Euro.

„Wenn Leistungen am Gast weiterhin in der für die Branche bekannten Oualität sichergestellt werden sollen, dann sind größere Entlastungen des Faktors Arbeit überfällig“, so Reisenzahn.

Kombilohnsystem

Reisenzahns Lösungsvorschläge wären, Mitarbeiter in den Zwischensaisonen nicht mehr in die Arbeitslosigkeit zu schicken sowie ein sogenanntes Kombilohnsystem, das Mitarbeiter in Schließzeiten weiter beschäftigt und verpflichtende Ausbildungsmaßnahmen anbietet. „Das Lohnende sehe ich in einer geringeren Arbeitslosigkeit, die Saisonen würden ausgedehnt und es könnten in den Zwischensaisonen Ausbildungen durchgeführt werden.“ Das Modell der Mitarbeiterbeteiligung wiederum bringe gleich mehrere Vorteile. Die Bindung werde gefestigt, sodass der Mitarbeiter dann länger in einem Unternehmen bleibt, daran könnten dann auch Ausbildungsangebote gekoppelt sein. In einem Mehrjahresplan kann dieses Modell gezielt an den Mitarbeiter angepasst werden.

Fühlt sich ein Mitarbeiter wohl in einem Unternehmen, wirkt das bis hin zum Gast, dieses Bewusstsein sei in der Branche angekommen. So betreut Thomas Reisenzahn derzeit einen Kunden in Tirol, der sich zuerst die Frage gestellt hat, wie er seine Mitarbeiter zufriedenstellt. „Die Oualität der Arbeit hat sich sehr stark verbessert, das ist nur noch nicht so in den Köpfen angekommen – die Branche hat ein schlechteres Image, als sie verdient.“

VOM MITARBEITER ZUM MITUNTERNEHMER

Wer sich mit dem Unternehmen und seiner Vision identifiziert, arbeitet lieber und ist zugleich Botschafter des Betriebes. Was in vielen Branchen bereits üblich ist, entsteht nun auch in der Tourismusbranche – langjährigen Mitarbeitern werden Beteiligungen übertragen. Im Modell von Thomas Reisenzahn, Geschäftsführer der Prodinger Tourismusberatung, treten die beteiligten Mitarbeiter mit einer Einlage als stille Gesellschafter auf, während der Unternehmer weiterhin Eigentümer des Vermögens und Geschäftsführer bleibt. So werden Abteilungsleiter zu Mitunternehmern.

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