Hotels mussten für Energie zu viel zahlen – Salzburger Nachrichten

Nach einem EuGH-Urteil fordern heinnische Hotels rund 100 Mill. Euro vonn Staat zurück.

Das Wellnesshotel Dilly Resort in Oberösterreich feiert heuer sein 110-jähriges Jubiläum. Das Haus in Windischgarsten, einem 2600-Einwohner-Ort, liegt abseits der großen Tourismuszentren in einer zwar herrlichen Gegend, aber es gibt in der Nähe weder viele Badeseen wie im Salzkammergut noch größere Skigebiete wie in den Zentralalpen. Familie Dilly setzt bereits seit Ende der 1980er-Jahre auf Wellness für Familien mit Kindern und hat seit zehn Jahren sogar einen eigenen 18-Loch-Golfplatz.

„Wenn ein Betrieb so arbeiten würde wie die Regierung, hätten wir schon drei Mal abgehaust“, sagt Horst Dilly, Hotelier in fünfter Generation. In den Ministerien werde „zuerst gehandelt und dann repariert“, anstatt „zuerst nachzudenken und dann gleich etwas G´scheites zu machen“. Das habe sich beim Thema Registrierkasse ebenso gezeigt wie bei der Verlängerung der Abschreibungen für Investitionen. Wegen dieser habe er in seinem Haus jetzt eine Investition von 2,5 bis drei Millionen Euro vorerst zurückgestellt, sagt der 49-Jährige. Er wollte sowohl bei Zimmern als auch im Wellnessbereich zum Teil neu bauen und total renovieren.

Dilly war der Kläger in jenem Verfahren, in dem der Europäische Gerichtshof am Donnerstag ein Urteil verkündete, das der heimischen Tourismusbranche rund 200 Millionen Euro bringen könnte. Es geht um Rückvergütungen für hohe Energiekosten, zu denen sich der Staat seit vielen Jahren bereit erklärt hatte.

„Industrie darf nicht bessergestellt sein.“Horst Dilly, Hotelier in Windischgarsten

Davon profitierte vor allem die produzierende Industrie, aber auch Dienstleister mit hohen Energiekosten wie eben Wellnesshotels. Ab 2011 wurde diese Rückvergütung aber für Dienstleister (wie die Hotellerie) per Gesetz gestrichen. In Österreich fand auch der Verfassungsgerichtshof nichts daran auszusetzen.

Beim Hotel Dilly machte die Rückvergütung im Jahr über 20.000 Euro aus, seit 2011 geht es also um 120.000 Euro. Die Dilly´s Wellnesshotel GmbH, unterstützt von der Steuer- und Tourismusberatung Prodinger und Partner aus Zell See, wollte sich mit der Streichung nicht abfinden. Das sei eine Ungleichbehandlung verschiedener Branchen, die nicht gerechtfertigt sei. Nach einem abschlägigen Bescheid des Finanzamts wurde Berufung eingebracht. Das Bundesfinanzgericht, Außenstelle Linz, hegte 2014 ebenfalls Zweifel, ob das österreichische Budgetbegleitgesetz 2011 mit dem EU-Recht vereinbar ist. In Luxemburg erhielt der Kläger aus Oberösterreich am Donnerstag recht, allerdings nur formaljuristisch. Österreich hatte es verabsäumt, die Änderung bei der EU-Kommission anzumelden und außerdem nicht auf die sogenannte Gruppenfreistellungsverordnung der EU verwiesen. Deshalb urteilten die EU-Richter nun, dass das Gesetz nicht gültig ist. Nun wandert der Fall aber wieder zum Bundesfinanzgericht nach Linz zurück.

Für den weiteren Verlauf des Verfahrens sieht Stefan Rohrmoser von Prodinger und Partner zwei Möglichkeiten: Entweder urteile das Bundesfinanzgericht, dass die alte Rechtslage, also vor der Änderung 2011, wieder gelte. Dann müsse der Staat die einbehaltenen Beträge zurückzahlen.

Rohrmoser: „Für die Hotellerie geht es um rund 100 Millionen Euro, für die Seilbahnen und Verkehrsbetriebe noch einmal um die gleiche Größenordnung. Bis Jahresende 2016 kann die Rückerstattung für fünf Jahre noch problemlos beantragt werden.“

Variante zwei wäre, dass das Gericht zum Schluss kommt, es gibt nun gar keine gültige Regelung, sodass eine Rückforderung des Staates an die Industrie für die bereits vergüteten Summen geht – weitaus größere Beträge als im Tourismus.

Aus Sicht der Hoteliervereinigung ÖHV muss man ein weiteres Gerichtsurteil gar nicht abwarten. Die Interessenvertretung von rund 1350 führenden Hotels fordert die rasche Rückzahlung der beantragten Gelder an rund 700 Hotels. Das Gesetz dürfe „nicht noch einmal zum Nachteil der Unternehmer geändert“ werden, verlangt ÖHV-Generalsekretär Markus Gratzer.

Das Wirtschaftsministerium wollte sich am Donnerstag noch nicht äußern und verwies an das Finanzministerium. Dort wollte man zu den möglichen Folgen des EuGH-Urteils auch noch nichts sagen: „Unsere Experten müssen das Urteil erst prüfen“, hieß es.

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