Touristische Trends 2017
Für das Tourismusjahr 2017 stehen weitere digitale Veränderungen ins Hotel
Die Hotellerie steckt noch immer in einem Umbruch der digitalen Vertriebswege. Wer jetzt den Einstieg in die vernetzte Distribution nicht schafft, bleibt auf der Strecke. Die Gäste kommen auch künftig über viele verschiedene Kanäle ins Hotel, doch die Wege und Formate werden sich weiter ändern und verschieben. Strategische Flexibilität ist in unsicheren Zeiten eine Tugend.
- Verlust der Ratenparität: Österreichische Hotels dürfen seit 1.1.2017 auf der eigenen Hotelwebsite günstigere Preise als bei booking.com & Co einstellen. Erfahrungen aus anderen Ländern zeigen, dass die Effekte daraus eher mager ausfallen. Grundsätzlich ist auch zu hinterfragen, ob die Bestpreisgarantie verantwortlich für den Erfolg der Plattformen war.
Die Deckungsbeiträge in den Hotels schmelzen unter den explodierenden Vertriebskosten dahin. Die Ausgaben für Marketing werden Jahr für Jahr immer weiter erhöht, und wenn man die Vertriebskosten pro Nächtigung strikt nach OTA-Kommissionen und Marketingausgaben aufteilt, merkt man schnell, welches Potential hier noch schlummert: Es gilt weiterhin, den Direktvertrieb zu stärken, um die Gewinnspanne zu erhöhen. Hier eröffnen sich 2017 vor allem auch durch den Fall der Preisparität neue Chancen. Doch diese müssen auch klug genutzt werden. Sonst geht der Schuss nach hinten los…
- „Preisvergleichsseiten“ are back: Durch die zukünftige Ratenvielfallt erleben Metasuchmaschinen wie Trivago einen Relaunch. Die Plattformen selbst haben dies schon längst erkannt, wie der Umbruch von HRS[2] und der Börsengang von Trivago[3] zeigen. Hotels müssen diese Plattformen als eine weitere Vertriebsmöglichkeit ansehen und ein Zusammenwachsen mit den eigenen Kanälen forcieren.
- Bewertungen sind austauschbar: Wo bleibt das Unterscheidungsmerkmal, wenn die Dichte an ausgezeichneten Bewertungen immer mehr zunimmt? Jahrelang hat es geheißen, dass ein hoher Bewertungsdurchschnitt Differenzierung schafft und somit zu einer höheren Preisdurchsetzung verhelfen kann. Heute ist ein hoher Bewertungsdurchschnitt bereits Standard und wird damit zur Pflichtübung.
Aktuell[4] sind 350 Wiener 3-,4- und 5-Stern-Hotels auf Holidaycheck bewertet. 219 (63%) davon mit mindestens 90% Weiterempfehlung. Diese hohe Weiterempfehlung haben auch 132 von 190 4/5-Stern-Betrieben, dies entspricht 69%. 201 der 350 Wiener 3-,4- und 5-Stern-Hotels (57%) weisen einen Bewertungsdurchschnitt von mindestens 5,0 auf. (136 von 190 4/5-Stern-Betrieben, dies entspricht 72%)
- Chatbots[5] sind gekommen, um zu bleiben: Apps wie der Facebook Messenger und WeChat (übrigens das meistgenutzte Kommunikationstool in China) haben einen großen Einfluss auf die Unternehmenskommunikation. Es geht darum, Gästen in dem Moment zu antworten in dem sie etwas brauchen. Dies ist durch fehlende Manpower natürlich nicht immer möglich. Hier übernehmen Chatbots einen wichtigen, unterstützenden Part in der Servicierung. Durch auf die Gästeanfragen abgestimmte und zielführende Antworten ist ihr klares Ziel die Ertragssteigerung.
Auch Facebook-Gründer Mark Zuckerberg baut auf künstliche Intelligenz und hat vor kurzem bekannt gegeben, ein simples AI[6] namens Jarvis produziert zu haben, mit dem er über sein Handy oder den Computer kommunizieren und sein Zuhause (bspw. Türen, Lichter, Thermostat und Toaster) kontrollieren kann. Die Kommunikation mit Jarvis funktioniere über einen Chatbot, der im Facebook Messenger läuft, aber auch über eine Sprachsteuerungs-App. Vor allem die Sprachsteuerung wird bei der Interaktion zwischen Mensch und Maschine in Zukunft eine wichtige Rolle spielen.
- Mobile Check-In: Seit Jahren wird der Durchbruch und die Standardisierung von mobilen Check-In-Systemen prophezeit. Mittlerweile hat beinahe jeder Gast ein Smartphone und auch die Technologie wurde und wird weiterhin verfeinert. Mobile Front-Desks und automatisierte Check-Ins (wie am Flughafen) werden keine Seltenheit mehr sein und auch bei der Öffnung der Zimmertüre mit dem Smartphone gibt es bereits erste, erfolgsversprechend umgesetzte Konzepte. Auch die Bedienung von Fernseher, Heizung und Badewanne sowie die Bestellung der Zimmerservices über Tablets wird sich in vielen, vor allem Geschäftsreise-spezifischen Hoteltypen standardisieren.
- Ära der Vernetzung: Hotelmarketing 4.0 und Social Media: Es ist an der Zeit, endlich die Früchte der langen und harten Marketing-Feldarbeit zu ernten, denn nach der Ära des Produktnutzens, der Emotionalisierung von Marken und der aktuellen Phase der Partizipation tritt das Marketing in die Ära der Vernetzung ein. Kreative Social Media Kampagnen haben bereits viele Fans und Likes generiert, aber quantitative Erfolge bzw. der Return-of-investment (ROI) wurden oftmals nicht gemessen oder waren schlichtweg nicht nachvollziehbar. Die bestehenden, gesammelten und neuen Daten müssen aufbereitet, richtig interpretiert und genützt werden. Es braucht neue Wege, um das Gasterlebnis für einen bestimmten Markt zu verbessern.
- Das Ende des „Billboard Effects[7]“: Rund 20% der Österreichurlauber buchen über eine Buchungsplattform und die Gäste besuchen kaum mehr die Website eines Hotels während des Buchungsprozesses. Da die meisten Hotelsuchen online mit Google beginnen, sollten sich Hotels vermehrt auf Suchmaschinenoptimierung (SEO) und Suchmaschinenmarketing (SEM) konzentrieren.
- Von Airbnb & Co lernen: Neue Plattformen rund um die Sharing Economy[8] verstehen es perfekt, das Gefühl eines außergewöhnlichen und sinnstiftenden Urlaubs zu vermitteln. „Live like a local“ lautet die Devise, bei der man sich unter Einheimische mischt und deren Lieblingsplätze kennenlernt. Doch fehlt es oft an einer digitalen Optik und Aufmachung, um die Besonderheiten einer Region und eines Betriebes packend darzustellen und gezielt einsetzen zu können.
2018 sollen laut Studie des Finanzanalysten Susquehanna International Group (SIG) Unterkünfte von Privaten bereits fast ein Fünftel aller Zimmerbuchungen ausmachen. Auch in der Ferienhotellerie wächst Airbnb ungebrochen. Dies zeigt sich eindrucksvoll am Beispiel Zell am See, wo bereits 6% der Bettenkapazität auf Airbnb zu finden sind.
- Mit E-Cars-Ladesäulen mehr Gäste ansprechen: Der Durchbruch der E-Mobilität wird von Experten von der Infrastruktur, insbesondere von ausreichend vielen Energie-Tankstellen, abhängig gemacht. Eine Schlüsselrolle nimmt hierbei die Hotellerie und Gastronomie ein. Wenn Sie eine Ladesäule besitzen, dann sollten sie sich in die einschlägigen E-Verzeichnisse eintragen lassen und Ihre Ladesäule auch aktiv auf Ihrer Unternehmens-Website, den Marketingunterlagen und im Social Web bewerben.
- Langsamer Einmarsch von robotisierten Services und künstlicher Intelligenz: Neben der Etablierung von Chatbots werden im Bereich der vernetzten Intelligenz auch Service-Roboter ein breiteres Anwendungsgebiet erfahren. Dass ein Roboter, der den Kaffee zubereitet, serviert oder in der Lage ist, die Geräte im Hotel zu steuern, nicht mehr reine Zukunftsmusik ist, wurde erst kürzlich von 5. bis 8. Jänner 2017 auf der International Consumer Electronic Show (CES) in Las Vegas eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Dass Roboter aber bald (falls überhaupt) Hotelmitarbeiter ersetzen werden, darf bezweifelt werden.
[1] Ein durchschnittlicher 4/5-Stern-Betrieb gab 2014 85.600 Euro für Marketing aus. Dies entspricht einem Aufwand pro Nächtigung von € 4,55 – € 4,66 bei mehr als 18.000 Nächtigungen.
[2] HRS hat sein Buchungssystem 2016 grundlegend überarbeitet und vergleicht künftig die Raten und Verfügbarkeiten der Hotelpartner mit dem Angebot von angeschlossenen Vertriebspartnern wie Expedia
[3] Der Metasearcher Trivago ist seit 16. Dezember 2016 an der New Yorker Börse (Nasdaq) gelistet
[4] Prodinger-Analyse November 2016
[5] Als Chatbots werden textbasierte Dialogsysteme bezeichnet, die im Rahmen der Mensch-Maschine-Kommunikation mit Gästen in den Dialog treten
[6] AI steht für „artificial intelligence“, zu Deutsch meist auch als KI (Künstliche Intelligenz) bezeichnet
[7] Der Billboard-Effekt besagt, dass Buchungen über die eigene Website in einem direkten Verhältnis zur Präsenz in Buchungsportalen stehen.
[8] Der Begriff der Sharing Economy meint das systematische Ausleihen von Gegenständen und gegenseitige Bereitstellen von Räumen und Flächen, insbesondere durch Privatpersonen. Meist liegt neben dem materiellen vor allem auch der Erfahrungsaustausch im Fokus.