Der Blick über den Tellerrand: Club Med St. Moritz

Zwei Autofahrstunden von Innsbruck und damit von Wien annähernd so weit entfernt wie der Arlberg liegt St. Moritz. Der Club Med Roi Soleil im schneesicheren und sonnenreichen St. Moritz auf 1.800 Meter Seehöhe ist der zu Österreich nächstgelegene Alpin Club Med, der seit bereits über 15 Jahren Ende November mit einem professionellen Ski-Opening in die neue Saison gestartet ist.

Alexander Zerkowitz, HR Experte der Prodinger Tourismusberatung, hat sich vor Ort ein Bild gemacht und mit General Manager Andrea Loffredo über seine Herausforderungen als GM und die Strategien von Club Med für seine Winterdestination gesprochen.

Der Club Med Roi Soleil ist ein reiner Winterclub mit etwa 320 Zimmern für rund 550 Gäste in einem der exklusivsten Schigebiete der Welt. Von Ende November bis Mitte Dezember startet der Club über drei Wochen und 6 Terminfenstern (jeweils 3 oder 4 Nächte) mit äußerst knapp kalkulierten All-In Tagespreis von rund 180 Franken in die Saison. Das Angebot inkludiert das volle Club Med Angebot inkl. Essen und (alkoholischen) Getränken im gut gelegenen aber etwas in die Jahre gekommenen Hotel in St. Moritz sowie im eigenen Chalet auf dem Berg. Weiters inkludiert sind Schikarte, Schilehrer, Bustransfer zu den Schigebieten und Entertainment. Ein Preis, der in einem Umfeld, wo die Tageskarte rund 80 Franken und ein Rösti am Berg mit Bier 40 Franken kosten, erst erwirtschaftet werden muss.

Wie rechnet sich das?

Einerseits verlangt es von uns ein höchst professionelles Kostenmanagement und fairerweise muss man sagen, dass in dieser Startphase die Verpflegung etwas günstiger ausgelegt ist, als bei den normalen Wochenangeboten. 60 Prozent der Gäste sind Gruppen, die seit über 15 Jahren kommen, aber der Werbungwert ist extrem hoch, da wir auch neue Gäste ansprechen, die zu anderen Saisonzeiten mit ihren Familien wiederkommen. Gäste die wir sonst nicht erreichen würde, da es bei St. Moritz natürliche Barrieren gibt, die uns aber helfen eine gute Auslastung sicherzustellen.

Ein weiterer Vorteil dieser intensiven Startphase ist, dass es ein hartes aber gutes Training für die rund 180 Mitarbeitern darstellt. Bei 550 Gästen, die bei jedem Termin zu versorgen sind, eine wirkliche Herausforderung und dadurch wird der Saisonstart mit Weihnachten beinahe schon zu einer Erholung.

Was sind weitere Herausforderungen bei Club Med in einer reinen Winterdestination?

Wie aus der Pistole geschossen, nennt Andrea seine drei wesentlichen Ziele, die sicher auch Teil der Club Med Strategie und seines Incentive Programmes sind:

  1. SPIRIT, d.h. den Geist des Club Med mit Gästen und Mitarbeitern zu leben und weiterzugeben, nur so bietet man Erlebnistourismus erster Güte und unterscheidet sich vom Mitbewerb. Hier hat sich viel geändert und die Gäste kommen nicht wie früher nur um Schifahren zu gehen und das übliche Clubangebot zu genießen, sondern vermehrt um auch das regionale, kulturelle und das Naturangebot zu erleben.
    Für die Mitarbeiter bedeute SPIRIT, dass das Arbeiten zum Erfahrungslernen werden soll. Gelingt es diese Erfahrung durch gute Führung und Zusammenarbeit zu vermitteln, so können sich die Mitarbeiter weiterentwickeln und bleiben dem Unternehmen auch länger als Arbeitskräfte treu.
    Ein KPI (key performance indicator – Leistungsmessgröße) für Andrea ist dabei die Fluktuation der Mitarbeiter, die unter 10 % liegen soll. Letztes Jahr waren es knapp 13 %.
  2. ENERGY, d.h. Energie-, und Ressourcen-Management optimieren. Der Club Med ist auf dem Weg zum nachhaltigsten Tourismusanbieter und investiert nicht nur in die Ausbildung seiner Mitarbeiter und Führungskräfte, sondern auch in Zertifizierungen wie den Green Globe und regelmäßige externe Audits. Eine Maßnahme betrifft zum Beispiel die Raumtemperatur in den öffentlichen Bereichen, die nun einheitlich in allen Club Med Winterresorts von 23 Grad auf 19-20 Grad reduziert wurde, um energiesparend, umweltschonend und natürlich auch kostensparend zu sein. Weiters werden Spa-, und Saunazeiten optimiert. Andreas erzählt, dass es mittlerweile die Gäste sind, die auf ihn zukommen und sich wundern, aus welchem Grund die ganze Nacht das Licht brennt. Solche Dinge sollten von den Mitarbeitern frühzeitig erkannt und vermieden werden – Nachhaltigkeits-Management erfordert die Einbeziehung aller Mitarbeiter. Das entspricht den Anforderungen der Gäste, schützt die Natur und spart Geld. Mittlerweile hat jeder Club einen eigenen Nachhaltigkeits-Manager, der diese Maßnahmen unterstützt, koordiniert und vorantreibt – ein regelmäßiger Nachhaltigkeitsbericht und Maßnahmenpläne sind Standard – übrigens ein Thema das die Prodinger Tourismusberatung in ihr Dienstleistungsangebot aufgenommen hat, da diese Anforderung aus regulatorischen Gründen und für Finanzierungen über Banken an Bedeutung gewinnen.
  3. COST, d.h. in allen Bereichen sparen, ohne das Tourismuserlebnis zu mindern, was besonders während dem attraktiven Ski-Opening im Dezember eine Herausforderung ist. In ersten drei Tagen wurden zum Beispiel mehr als 4.000 Bier konsumiert – ich hatte den Eindruck, dass am vierten Tag durch kleinere Gläser und das Mitnehmen von nur 2-4 Getränken pro Person von Bar zum Tisch entgegengewirkt wurde, um die Kosten im Zaum zu halten, ohne das Erlebnis zu massiv zu schmälern – auch die Mitarbeiter helfen tatkräftig aber immer freundlich und humorvoll mit und tragen damit wesentlich dazu bei, den Spaß am Urlaub auch bei weniger guten Nachrichten nicht zu trüben. Die Gäste müssen immer zufrieden sein, denn davon hängt auch der Incentive (die Prämie) der Mitarbeiter ab – die Bewertungen auf den sozialen Medien sind dabei eine wesentliche Meßgröße.

Und wie wird mit der Flucht der Fachkräfte aus dem Tourismus umgegangen?

Für Andrea und den Club Med sind die Human Resources und nicht einfach das Personal der Schlüssel zum Erfolg. Daher ist People Management für den Club Med der Treiber für die Mitarbeiterbindung:

Wie unter SPIRIT beschrieben soll das Arbeiten ein Erlebnis, eine Lernerfahrung und eine Entwicklungsmöglichkeit sein. Das entspricht auch dem von mir bei Prodinger entwickelten Leitsatz „Erlebnis Tourismus, wo es sich auszahlt zu arbeiten“.

Das Arbeitserlebnis beinhaltet im Club Med nicht nur die Erfahrung, sondern auch den internen Zusammenhang und die soziale Sicherheit. Der Club gibt den Mitarbeitern einen sicheren Rahmen und einen zukunftsträchtigen Job mit Entwicklungsmöglichkeiten, was besonders für die neue Generation wichtig ist, die zwar frei und ungebunden sein will, Erlebnisse und Erfahrungen sammeln möchte, aber doch Sicherheit sucht – so kann man im Club arbeiten und von einem Land in das andere wechseln. Für viele Mitarbeiter die ein individuelles Leben führen, bietet der Club einen familiären Rahmen und eine eigene Art der Stabilität. Das erfahren wir von einer Mitarbeiterin, deren Vater aus Sizilien und Mutter aus Wien kommen und die aufgrund diverser Schicksalsschläge von einer österreichischen Gastfamilie aufgezogen wurde. Sie ging dann zum Zirkus als Trapezkünstlerin und wechselte nach einer Verletzung zum Club Med. Im Club Med fand sie eine neue internationale Heimat und fand ihren sicheren Rahmen.

Diese Geschichte zeigt, dass Entwicklung, Flexibilität und Sicherheit die wichtigsten Treiber sind, um die Fluktuation zu reduzieren. Die Mitarbeiter wollen neues Fachwissen, Sprachen und soziale Kompetenzen erlernen und sich weiterentwickeln, um neue Erfahrungen zu sammeln und die Welt zu bereisen oder zumindest Menschen aus der ganzen Welt kennenzulernen.
Für andere Mitarbeitergruppen zum Beispiel im Bettenservice aus Portugal zählen natürlich andere Faktoren wie das höhere Lohnniveau in der Schweiz.

Die Krux mit dem Lohn

Doch schneidet man durch das höhere Lohnniveau in der Schweiz tatsächlich auch besser ab? Eine unverbindliche Information, die ich nicht vom General Manager, sondern von Mitarbeitern bekommen habe: Einem durchschnittlichen „G.O.“ (so werden die Gästebetreuer im Club kurz genannt) bleiben nur rund 1700 Franken netto am Ende des Monats übrig, was wirklich nicht sonderlich viel ist. Dem Gehalt werden nämlich 250 Euro für Logis und 300 für Essen abgezogen. Dafür gibt es Benefits, wie nun erstmalig im Club Med eine 5 Tage Woche oder Team-Events.

Für die Wintersaison werden die Mitarbeiter vom hauseigenen HR Team, unterstützt durch ein zentrales Team in Lyon, bereits im August rekrutiert, wobei prinzipiell die meisten Mitarbeiter aus Italien, Portugal oder dem Balkan kommen. Der Club in St. Moritz ist multikulturell, was sich auch in den Sprachkenntnissen widerspiegeln muss.

Zusammenfassend kann ich sagen, dass der Club mit seinem Ski-Opening einen äußerst professionellen Saisonstart macht, der neue Zielgruppen erfolgreich anspricht und die Mitarbeiter über einen Härtetest auf die neue Saison vorbereitet.

Wir können von großen Gruppen wie Club Med lernen, dass die Mitarbeiterführung, Kostenmanagement und Nachhaltigkeit die neuen Top Prioritäten sind, die man nicht nur plakatieren, sondern auch spüren und sehen konnte.

Zur Person des GM

Andrea Loffredo ist geborener Italiener, aber wie alle Club Med Manager Kosmopolit und natürlich mehrsprachig. Er kommt aus Apulien und startete seine Karriere bei Club Med als Safe Guard am Pool im Club Med Roi Soleil in St. Moritz. Es folgten andere Destinationen und auch ohne Fachausbildung arbeitete er sich bis zum Chef-Entertainer von Roi Soleil hinauf. Nach einem strengen Assessment und einer 2-3-jährigen Vorbereitungsphase u.a. in Brasilien wurde er nun mit 34 Jahren General Manager des Club Med in St. Moritz. Nach 2-3 Jahren in St. Moritz wird er zu einer anderen Destination wechseln – so sieht es die Club Med Job Rotation vor.


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Ihre Kontaktperson:

Alexander Zerkowitz

a.zerkowitz@prodinger.at

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