Das Grace-Period-Gesetz
Das Grace-Period-Gesetz: Erhöhte Rechtssicherheit bei Unternehmensübertragungen im Familienverband
Mit dem kürzlich veröffentlichten „Grace-Period-Gesetz“ (BGBl I 2024/56) wird ein bedeutender Schritt zur Schaffung von mehr steuerlicher Rechtssicherheit bei der Übertragung von Unternehmen innerhalb der Familie getan. Dieses Gesetz soll Unternehmern eine bessere Planungs- und Rechtssicherheit bieten, indem potenzielle steuerliche Risiken frühzeitig identifiziert und mit dem Finanzamt geklärt werden können. Doch der Bedarf nach solchen Regelungen reicht weiter, wie sich bei genauer Betrachtung zeigt.
Hintergrund und Notwendigkeit
Jede Unternehmensübertragung („Asset Deal“) ist für den Käufer mit potenziellen Haftungsrisiken verbunden. Neben zivil- und gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen existieren auch öffentlich-rechtliche Normen, die eine persönliche Haftung des Erwerbers für offene Verbindlichkeiten des Unternehmens anordnen. Besonders im Steuerrecht ist § 14 der Bundesabgabenordnung (BAO) bedeutsam, der den Erwerber eines Unternehmens unter bestimmten Umständen für betriebsbedingte Abgaben haftbar macht. Dies betrifft Abgaben wie Lohnsteuer, Kommunalsteuer und Umsatzsteuer, die seit Beginn des letzten vor der Übertragung liegenden Kalenderjahres entstanden sind bzw. hätten abgeführt werden müssen.
Schutz vor steuerlicher Haftung
Das Grace-Period-Gesetz zielt darauf ab, nachträglich hervorkommende steuerliche Haftungsrisiken für den Erwerber zu minimieren. Es richtet sich an natürliche Personen, die innerhalb von zwei Jahren ihr Unternehmen oder Anteile an Personengesellschaften an Angehörige übertragen wollen. Durch einen „Antrag auf Begleitung der Unternehmensübertragung“ kann eine frühzeitige Klärung steuerlicher Fragen erfolgen. Hierbei verzichtet der Antragsteller auf die abgabenrechtliche Geheimhaltungspflicht des Finanzamts, soweit dies zur Begleitung der Unternehmensübertragung erforderlich ist.
Durchführung und Umfang der Betriebsprüfung
Erfüllt der Antrag die gesetzlichen Voraussetzungen, führt das Finanzamt innerhalb von drei Monaten eine Außenprüfung für die letzten drei Jahre vor der Antragstellung durch, sofern für diese Jahre bereits Steuererklärungen abgegeben wurden. Nach Abschluss dieser Prüfung gilt ein Wiederholungsverbot, das heißt, die geprüften Abgaben und relevanten Veranlagungsjahre dürfen zukünftig keiner erneuten Prüfung unterzogen werden.
Die Begleitung der Unternehmensübertragung endet spätestens mit dem Einlangen der letzten Steuererklärung, die das Kalenderjahr betrifft, in dem die Unternehmensübertragung abgeschlossen wurde. Vor diesem Zeitpunkt kann die Begleitung auf Antrag des Erwerbers beendet werden. Das Finanzamt kann die Begleitung auch beenden, wenn die Unternehmensübertragung unterbrochen oder abgebrochen wird oder ein Insolvenzverfahren eröffnet wird.
Kooperatives Zusammenwirken und Mitwirkungspflichten
Das Gesetz fördert ein kooperatives Zusammenwirken zwischen dem Finanzamt und dem Steuerpflichtigen. Beide Parteien sind verpflichtet, alle relevanten Umstände offenzulegen, die für die steuerliche Beurteilung der Unternehmensübertragung von Bedeutung sind. Besprechungen zwischen den Beteiligten und den Finanzbehörden sollen dazu dienen, mögliche steuerliche Risiken zu besprechen und Lösungen zu finden. Das Finanzamt ist zudem verpflichtet, Auskünfte über bereits verwirklichte oder noch nicht verwirklichte Sachverhalte zu erteilen, die mit der Unternehmensübertragung im Zusammenhang stehen.
Einschränkungen und Kritik
Das Gesetz beschränkt seinen Anwendungsbereich auf Übertragungen zwischen Angehörigen und auf natürliche Personen. Übertragungen an Dritte oder Rechtsträger, für die das Finanzamt für Großbetriebe zuständig ist, sind ausgeschlossen. Dies engt den praktischen Anwendungsbereich erheblich ein, obwohl auch bei Übertragungen an Dritte ein Bedürfnis nach Rechtssicherheit besteht. Kritiker fordern daher eine Überarbeitung und Ausdehnung der Regelungen auf sämtliche Unternehmensübergaben.
Weitere Erleichterungen
Neben den steuerlichen Aspekten beinhaltet das Gesetz auch gewerberechtliche Erleichterungen für die ersten zwei Jahre nach der Unternehmensübertragung. Dazu gehören unter anderem der Entfall der Vorlage eines Firmenbuchauszuges, mehr Flexibilität bei den Einreichunterlagen für Anlagengenehmigungen und eine verschobene Verpflichtung zur Mitteilung von Sicherheitsvertrauenspersonen durch den Arbeitgeber.
Fazit
Das Grace-Period-Gesetz stellt einen bedeutenden Fortschritt dar, indem es die steuerliche Planungs- und Rechtssicherheit bei Unternehmensübertragungen im Familienverband erhöht. Allerdings zeigt sich ein Bedarf an einer weitergehenden Regelung, die auch Übertragungen an Dritte umfasst, um den praktischen Anforderungen gerecht zu werden. Unternehmer sollten die neuen Möglichkeiten und Anforderungen sorgfältig prüfen, um die Vorteile des Gesetzes optimal zu nutzen.
Um bei der Betriebsübergabe zu unterstützen hat die Prodinger Tourismusberatung eine „Betriebsübergabepyramide“ mit integrierten Modulbausteinen entwickelt.
Falls auch Ihr Hotelbetrieb in den nächsten Jahren übergeben werden soll kontaktieren Sie uns unter tourismusberatung@prodinger.at!
Gerne bieten wir Ihnen nach Terminvereinbarung ein unverbindliches und kostenloses Erstgespräch an.